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geben, darf auch als eine zu erstrebende Friedensbedingung bezeichnet
werden. Eine solche Regelung wird um so wichtiger sein, als andernfalls
nach dem Kriege die Verhältnisse sich noch zu ungunsten der Deutschen ver-
schieben würden. Wir müssen damit rechnen, daß zum mindesten in der
ersten Zeit nach Friedensschluß die bei den feindlichen Völkern vorhandene
Mißstimmung gegen uns sich, wenn nicht in der Rechtsprechung, so doch
sicher in der Prozeßführung bemerkbar machen würde, und daß sie in der
Lage wäre, unter Ausnutzung der dargelegten Amstände den deutschen
Gläubiger empfindlich zu schädigen.
Man wird also nicht nur auf Kriegsschadenersatz, sondern auch auf
besseren Rechtsschutz gegenüber dem Auslande bedacht sein müssen.
Wie kann das aber geschehen?
Zunächst wird sicherlich gerade auf deutscher Seite das Bedenken laut
werden, solches Streben führe zu einem unzulässigen Eingriff in die fremde
Gerichtsbarkeit, also in ein Hoheitsrecht des feindlichen Staates. Von feind-
licher Seite wäre ein solches Bedenken kaum zu erwarten; es ist ein Vorzug
des Deutschen, daß er auch seinen Feinden gegenüber gewissenhaft ist.
Solches Bedenken wäre aber unbegründet. Selbst wenn wir in die Ge-
richtshoheit unserer Feinde eingreifen müßten, das wäre auch sittlich be-
gründet, wenn es geschähe, um dem richtigen Recht zur Geltung zu verhelfen.
Handelt es sich doch für uns nur darum, eine bezüglich der Rechtsverfolgung
bestehende Anbilligkeit zugunsten der Deutschen auszugleichen. Außerdem
würde die Abertragung der Gerichtsbarkeit auf Gerichte des Völkerrechts,
wenn sie schon eine Einschränkung staatlicher Rechte be-
deutet, doch eine Entwicklung des Rechtsgedankens selbst
sein. Recht ist Einschränkung zur Ordnung gemeinsamen Lebens. Wie die
einzelnen innerhalb des Staates sich durch Recht und Gesetz in ihren Be-
gierden haben beschränken lassen müssen, so ergeht es auch den Völkern, nur
daß die Entwicklung sich hier langsamer vollzieht, und daß Rückschläge, wie
der gegenwärtige Krieg, auffallender sind und tiefer wirken als eine Ge-
walttat, mit der der einzelne Bürger den Frieden seines Landes bricht.
Es fragt sich also, ob man nicht Rechtsstreitigkeiten zwischen An-
gehörigen verschiedener Staaten durch besondere Gerichtshöfe entscheiden
lassen könne. Bisher sind Ansprüche des bürgerlichen Rechtsverkehrs im
wesentlichen nur vor den Gerichten eines einzelnen Staates zum Austrag
gebracht worden. Grundsätzlich kam der Staat des Schuldners in Be-
tracht. Daraus haben sich eben für den deutschen Gläubiger die dargestellten
Mißstände ergeben.
Vielleicht bietet nun gerade die Frage der Abwicklung schwebender An-
sprüche nach Friedensschluß und die Frage des Ersatzes von Kriegsschäden