fullscreen: Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. Erster Theil, Erster Band. (1)

7. Vom 
Pflanzen der 
466 Erster Theil. Neunter Titel. 
§. 293. Wer selbst oder durch Andere auf seinem Grunde fremden Saamen säet, 
oder fremde Pflanzen einsetzt, muß dem Eigenthümer derselben allemal den höchsten 
Preis, so wie er zur Zeit der Bemächtigung des Saamens oder der Pflanzen gestan- 
den hat, vergüten. 
§. 284. Hat der Eigenthümer 27) des Bodens betrüglich gehandelt, so ist er dem 
Eigenthümer des Saamens oder der Pflanzen auch allen Vonheil, welcher demselben 
bei dieser Gelegenheit entgangen ist, zu erstatten verbunden. 
§. 265. Das Eigenthum eines auf der Grenze stehenden Baumes gebührt dem, 
eume ). auf dessen Grunde und Boden der Stamm aus der Erde kommt. 
5. 286. Steht der Stamm selbst auf der Grenze 78), so haben beide Nachbam 
das Miteigenthum des Baumes. 
§. 287. Niemand ist die unter seinem Grunde und Boden fortlaufenden Wurzeln, 
oder die über seine Grenze herüber hangenden Zweige eines fremden Baumes zu dul- 
den verpflichtet. 
K. 288. Will er aber selbige weghauen, so muß er das Holz dem Eigenthümer 
des Baumes ausliefern 29). 
§. 289. Duldet er hingegen dieselben, so ist er berechtigt, diejenigen Früchte 
sich zuzueignen, welche der Eigenthümer nicht einsammeln kann, ohne den Grund des 
Nachbars zu berühren. 
§. 290. Dergleichen Früchte darf der Eigenthümer auch nicht mit Instrumenten 
herüber langen, oder durch das Herüberbeugen der Aeste an sich ziehen. 
§. 291. Dagegen ist der ergemthmnrr des Baumes die auf den Grund des Nach- 
bars birüberhangenden Zweige auf seinem eigenen Grunde und Boden wegzuhanen 
wohl befugt. 
§. 292. Früchte eines an der Grenze stehenden Baumes, welche durch die Ge- 
walt des Windes über die Grenze getrieben werden, ist der Nachbar sich zuzueignen 
berechtigt 30). 
§5. 293. Der Baum selbst aber, welcher durch Sturmwind ganz oder zum Theil 
auf den Grund des Andern geworfen worden, verbleibt dem vorigen GEigenthümer. 
§. 291. Auch die Früchte, welche nach erfolgter Wegschaffung an dem Baume 
noch befestigt sind, geheren dem Eigenthümer 21). 
8. 295. Der Cigenthümer ist, bei Verlust seines Rechts, schuldig, einen solchen 
  
27) Damit ist nur der Nutzungsberechtigte gemeint. 8§. 276, 277, 279, 281. 
*) (5. A.) Unter dieser Ueberschrift behandelt das A. L.KR. die Materie der beiden interdieta de 
arboribus caedendis (Dig. XLIII. 27). — Guyet, Bemerkungen aus dem Oekonomierecht, im Ar- 
chiv für civilistische Praxis, Bd. XVII. S. 31 ff.; — Unterholzner, die Lehre von den Schuld- 
verhältnissen, Bd. II, S. 212 ff.; — Heimbach, interdieta de arboribus enedendis, in Weiske ’'s 
Rechtslexikon, Bd. V. S. 537 u. flg. 
28) Nämlich auf dem Grenzraine, wenn auch nicht gerade auf der Linie. Wenn der Stamm 
auch nur theilweise auf dem Greuzraine steht, muß er doch für gemeinschaftlich gelten. 
29) Damit soll ihm keine Handlung aufgelegt werden, vielmehr nur eine Duldung. Er muß 
die Abholung gestatten, ist aber nicht schuldig, sich dabei zu bemühen (vergl. §. 295); er ist vielmehr 
berechtigt, das Hol#, wenn der Nachbar dassttte auf die an ihn erlassene Aufforderung nicht wegholt, 
von seinem Grunde abräumen und bei Seite legen, und die ihm dadurch entstandenen Arbeitskosten 
erstatten zu lassen, auch bis dahin das Retentionsrecht auszuliben. 
(3. A.) Aber „der Eigenthümer eines Grundstücks, in dessen Lustraume die Zweige der seinem 
Nachbar gehörigen Bäume überhangen, ist nicht berechtigt, von dem Letzteren zu verlangen, daß er die 
Überhangenden Zweige wegschaffe, fentern Dieser ist nur verpflichtet, zu dulden, daß Jener dieselben 
aus dem Bereiche seines Eigenthums entferne, alsdaun aber auch befugt, die Auslieferung des adge- 
hauenen Holzes zu fordern.“ Pr. des Obemr. 2615, v. 6. Febr. 1855. (Emsch. Bd. XXX, S. 431.) 
30) Was in des Nachbars Garten sällt, das ist sein. Dies ist der sog. Ueberfall, den das K. R. 
nicht kenm. 
31) Auch diejeuigen, welche durch den Ueberfall dem Nachbar zugefallen sein würden.
	        
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