Full text: Gesetzsammlung für das Fürstenthum Reuss Jüngerer Linie. Dreiundwanzigster Band. 1899. (23)

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b) wenn die Zwangserziehung zur Verhütung des völligen sittlichen 
Verderbens des Minderjährigen nothwendig ist. 
§ 101. 
Die Unterbringung zur Zwangserziehung erfolgt, nachdem das Vormund- 
schaftsgericht durch Beschluß den Eintritt der Voraussetzungen der §#§ 1666 
und 1838 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder des vorstehenden Paragraphen unter 
Bezeichnung der für erwiesen erachteten Thatsachen festgestellt und die Unter- 
bringung angeordnet hat. 
Wenn die Unterbringung des Minderjährigen lediglich aus dessen Mitteln 
oder aus den Mitteln seiner Angehörigen erfolgt, so entscheidet das Vormund- 
schaftsgericht auch darüber, ob die Unterbringung in einer Familie oder in einer 
Erziehungs= oder Besserungganstalt zu bewirken ist. 
Hat die Unterbringung des Minderjährigen ganz oder theilweise auf 
Uöffentliche Kosten zu erfolgen, so steht die Entscheidung darüber, ob der Minder= 
jährige, dessen Zwanggerziehung vom Vormundschaftsgericht angcordnet worden 
ist, in einer Familie oder in einer Erziehungs= oder Besserungsanstalt unter- 
zubringen ist, dem Landrathsamte, in der Stadt Gera dem Stadtrathe zu. 
8 102. 
Das Vormundschaftsgericht beschließt von Amtswegen oder auf Antrag. 
Zur Stellung des Antrags sind berechtigt der Gemeindevorstand und, 
soweit es sich um schulpflichtige Kinder handelt, der Schulvorstand, sowie die 
vorgesetzten Dienstbehörden dieser antragsberechtigten Stellen. 
Das Vormundschaftsgericht soll vor Beschlußfassung die Eltern oder, 
sofern diese nicht mehr leben oder abwesend sind, die Großeltern, den Vormund, 
den Gegenvormund, den Pfleger, den Beistand der Mutter, falls deren Anhörung 
ohne erhebliche Schwierigkeit erfolgen kann, sowie in allen Fällen den Gemeinde- 
waisenrath, den Gemeindevorstand und, wenn schulpflichtige Kinder in Frage 
kommen, den Schulvorstand hören. s 
Diesen Personen und Behörden, sowie dem Antragsteller ist der Beschluß 
des Vormundschaftsgerichts zuzustellen. 
Bei Gefahr im Verzuge kann das Vormundschaftsgericht die Unterbringung 
zur Zwangserziehung schon vor endgültiger Beschlußfassung anordnen. 
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