Full text: Gesetzsammlung für das Fürstenthum Reuss Jüngerer Linie. Einundwanzigster Band. 1891-1895. (21)

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6. bei Blutungen aus den Geschlechtstheilen während der Schwangerschaft, während 
der Geburt oder nach der Geburt des Kindes, vor Allem schon bei dem bloßen 
Verdachte, daß der Mutlerkuchen vorliege; 
7. bei drohender Zerreihung der Gebärmutter, in allen Fällen von Damm, 
Scheiden= und Gebärmitterhalorissen; 
#-#. bei allgemeinen Krämpsen, übermäßigem Erbrechen, fieberhasten und anderen 
Krankheilen der Gebärenden; 
9. wenn bei Schwangeren, Gebärenden oder Wöchnerinnen anscheinend oder wirklich 
plöglicher Tod eintrilt. 
Bis zur Ankunft des Arztes darf die Hebamme nichts versäumen, was in diesen Fällen 
zu thun ihr nach den Vorschriften des Lehrbuches obliegt. 
8 26. 
Wird die Hebaume zu einer Gebärenden verlangt, während sie bereits bei der Geburt 
einer Anderen beschästigt ist, so darf sie weder den Verlauf der vorliegenden Geburt beschleunigen, 
noch eher fortgehen, als bis die Nachgeburt entsernt und alle Gefahr einer Nachblutung beseitigt 
ist. In solchem Falle hat sie die zweite Gebärende an eine andere Hebamme zu verweisen, welche 
centweder nur einstweilen für sie eintrilt oder den Geburiofall übergimmt, wenn die betressende 
Kreißende es wünscht. Niemals darf die Hebamme 2 Geburten zu gleicher Zeit übernehmen. Wenn 
bei gleichzeitigem Vorliegen mehrerer dringender Fälle eine andere Hebamme nicht schnell genug zu 
erlangen ist, soll sie dahin eilen, wo die Hülfe ihr am nöthigsten erscheint, und die Verlassene 
einsi#weilen der Obhut einer anderen sorgsamen, verständigen Frau anvertrauen. 
Die Beilslandsleistung bei Geburten geht allen anderen Obliegenhelten der Heb- 
amme vor, also namentlich den Verrichtungen bei der Taufe, den Besuchen ciner Wöchnerin 
oder Kranken, dem Baden eines Neugeborenen. 
8 27. 
Wird die Hebamme zu einer Schwangeren gerufen, welche, obschon noch nicht am Ende 
der Schwangerschaft, wehenartige Schmerzen und Vlutabgang verspürt, so hat sic, soforn leine be- 
denklichen Umstände vorliegen, wie bei jeder anderen Geburt zu verfahren; ist lehteres der Fall, so 
hal sie unverzüglich auf schleuniges Herbeirusen eines Arzies zu dringen und hat die Schwangere 
bis zur Ankunft des Arzles so zu behandeln, wie es ihr beim Unterrichte gelehrt worden ist. 
8 26. 
Jedes neugeborene Kind soll die Hebamme sorgsältig vor hellem Lichte und Kälte bewahren. 
Sie hal dasselbe in einem lauwarmen Bade, dessen Temperatur sie vorher mit dem Badewärme-- 
messer genau festslellen muß, zu reinigen, abzutrocknen und alsdann nachzusehen, ob das Kind 
normal gebildet ist. Findet sie irgend eine Mißbildung, so hat sic den Vater resp. die nächsten 
Anverwandien davon in Kenntniß zu sehen und wenn nöthig, die Zuziehung eines Arztes zu verlangen. 
Der Mutter hat sie das Vorkommniß, so lange es geht, zu verschweigen und auch gegen 
fremde Personen darüber Verschwiegenheit zu beobachten. Im Uebrigen hat sie zu verfahren, wie 
es ihr in ihrem Lehrbuche vorgeschrieben ist.
	        
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