Full text: Gesetzsammlung für das Fürstenthum Reuss Jüngerer Linie. Sechsundwanzigster Band. 1907-1909. (26)

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Dagegen bedarf es einer solchen zu den im ersten Absatze angeführten 
wirklichen Ausnahmen, indem vorspringende Gebäudeteile nur nach Maßgabe der 
baupolizeilichen Vorschriften — in der Regel bloß widerruflich — zulässig sind, 
die Baupolizelbehörde auch darüber zu bestimmen hat, welche bauliche Anlagen 
sie anf und unter Straßen und Plätzen allgemein zulassen will (z. B. auch Abzugs- 
kanäle). Die Baupolizeibehörde wird hierbei die Interessen sowohl des Verkehrs 
als auch der Nachbargrundstücke zu berücksichtigen und die Genehmigung zu einst- 
weiligen Bauten nur auf Widerruf zu erteilen haben; deren Wiederbeseitigung 
ist gegebenenfalls mit den gewöhnlichen polizeilichen Zwangsmitteln zu ver- 
anlassen. 
& 14 erstreckt sich auch auf das zwischen Straßen= und Baufluchtlinie 
gelegene Land, die sog. Vorgärten. Dasselbe ist rechtlich, obgleich es regelmäßig 
im Eigentum des Anliegers verbleibt, als zur Straße gehörig zu betrachten und 
wird deshalb z. B. in die nach den Baupolizeiverordmingen für die Gebändehöhe 
maßgebende Straßenbreite mit einzurechnen sein. Auch auf die Anliegerbeiträge 
(88 37 ff. des Gesetzes) ist es einflußlos, ob das Baugrundstück an die Straße 
selbst oder einen Vorgarten grenzt. 
Indessen erheischt die von dem reinen Straßenareal immerhin nicht 
unerheblich abweichende, dauernde oder vorübergehende Zweckbestimmung des Vor- 
gartenlandes, die übrigens tatsächlich und rechtlich erst mit der Bebauung des 
zugehörigen Grundstückes selbst in die Erscheinung tritt, eine besondere Berück- 
sichtigung bei der Behandlung der vorerwähnten Ausnahmen von dem Zwange 
der negativen Linienfunktion. 
Insbesondere werden namentlich bei den nicht schon im voraus zu einer 
späteren Straßenverbreiterung bestimmten Vorgärten wesentliche Erleichterungen 
bei der Zulassung von Gebäudevorsprüngen und widerruflichen Bauten einzu- 
treten haben. 
In letzterer Beziehung empfiehlt sich sogar eine allgemeine Regelung durch 
Ortsgesetz oder in den Bauvorschriften. In der gleichen Weise — gegebenen- 
falls auch durch Polizeiverordnung — kaunn eine angemessene Einrichtung und 
Unterhaltung der zu einem bebauten Grundstücke gehörenden Vorgärten vor- 
geschriebrn sowie die Art der Benutzung derselben zu gewerblichen oder sonstigen 
Zwecken geregelt werden. 
Endlich greifen auch für eine Abweichung der Bauhöhen= von der Straßen- 
höhenlage abweichende Gesichtspunkte Platz, wenn Vorgärten vorhanden sind.
	        
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