Full text: Gesetzsammlung für das Fürstenthum Reuss Jüngerer Linie. Sechsundwanzigster Band. 1907-1909. (26)

Abi. 1. 
Abl. 2. 
262 
Zu § 17. 
§5 17 enthält eine Ergänzung und Erweiterung der im § 15 behandelten 
sogenannten negativen Linienfunktion dahin, daß, wenn jemand auf einem von 
einem Bebauungeplane betroffenen Grundstücke ein Gebäude neu= oder wieder- 
errichten oder ein solches um= oder ausbauen will, der in die Straße fallende 
Teil des Grundstückes (6 50 Abs.-1 Ziff. 2 des Gesetzes) nicht nur unbebaut 
bleiben, sondern sogar an die Gemeinde eigentümlich abgetreten werden muß. 
Diese Eigentumsabtretung bildet also lediglich eine gesetzliche Bau- 
bedingung. 
Sie tritt aber nur ein, wenn sich das betreffende Bauprojekt auf ein 
Gebäude bezieht. Darunter ist regelmäßig zu verstehen ein durch Umfassungs- 
mauern oder Wände umschlossencs, meist überdachtes, seiner Zweckbestimmung 
und Eigenart nach wesentlich unbewegliches Bamwerk von zweckentsprechender 
Dauerhaftigkeit und Festigkeit, welches bestimmt ist, Personen, Tieren oder 
beweglichen Gegenständen gegen äußere Einflüsse Schutz zu gewähren. 
Ob das Gebäude für die Dauer oder nur für kürzere Zeit bestimmt ist, 
ist gleichgültig. 
egen der Begriffe Aus= und Umbanten ist auf § 15 zu verweisen, 
dagegen wird hier nicht, wie in den §§ 14, 34 und 43, ein Anbauen an 
die Straße erfordert, es genügt, wenn auf dem betreffenden Grundstücke gebaut 
wird, mag auch das Gebäude selbst zu der angrenzenden Straße in keinerlei 
Beziehung stehen. Indessen erstreckt sich die Verpflichtung zur Arealabtretung 
nie über die Straßen des zugehörigen Baublockes hinaus. Uebrigens wird bei 
nur provisorischen oder weit von der Straßengrenze zurückliegenden, gering- 
wertigen Gebäuden nicht selten eine Ausnahmebewilligung nach § 53 Abs. 2 am 
Platze sein; auch empfiehlt es sich, die Nutzung des abgetretenen Arcals dem bis- 
herigen Eigentümer zu belassen, wenn eine Herstellung der betreffenden Straße 
in absehbarer Zeit nicht zu erwarten steht. 
Unter „öffentlichen Verkehrsräumen“ sind sowohl Straßen als Plätze 
zu verstehen. 
Eine Entschädigung für das abgetretene Areal wird nur in den beiden 
Fällen des § 17 Abs. 2 gewährt. 
In dem zweiten dieser Fälle ist zu berllksichtigen, daß die sämtlichen von 
der Fluchtlinic betroffenen Gebäude des Grundstückes niederzulegen sind, auch 
wenn nur an einem derselben bauliche Veränderungen vorgenommen werden 
sollen. Erfolgt dagegen der Abbruch der Gebäude ohne jede weitere bauliche
	        
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