Full text: Gesetzsammlung für das Fürstenthum Reuss Jüngerer Linie. Sechsundwanzigster Band. 1907-1909. (26)

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Soweit die zur Genehmigung vorgelegten Ortogesetze durch örtliche Ver- 
hältnisse gebotene Abweichungen von dem Gesetze vom 12. März 1907 enthalten, 
sind solche in dem Vorlegungsberichte eingehend zu begründen. 
Wenn Ortsgesetze mit reichs= oder landesgesetzlichen Vorschriften in Wider- 
spruch stehen, so sind sie insoweit für den Richter unverbindlich, außer wenn die 
behördliche Genehmigung der Abweichung sich ausdrücklich darauf stützt, daß diese 
durch örtliche Verhältnisse geboten ist; im übrigen brauchen aber die die Gemeinde 
zum Erlasse eines Ortsgesetzes berechtigenden gesetzlichen Vorschriften in demselben 
nicht besonders angeführt zu werden. 
Die danach rechtsgültigen Ortsgesetze sind aber allgemein verbindlich, auch 
für die Staatsbehörden, sie können, abgesehen von den Ausnahmefällen des 
* 52, ohne ausdrückliche Zustimmung der Gemeindevertretung nicht einseitig 
von den Aufsichtsbehörden geändert werden; sie bilden auch den Beteiligten gegen- 
über die nicht mehr aufechtbare Grundlage für die Entschließung der Baupolizei= 
behörden und der ihnen übergeordneten Instanzen und gehen gegebenenfalls 
auch dieser Ausführungsverordnung und sonstigen Ausführungsbestimmungen 
vor. Diese sind aber überall da anzmvenden, wo das Ortsgesetz vom Bebauungs- 
gesetze vom 12. März 1907 nicht abweicht oder klare, zwingende Vorschriften 
vermissen läßt. Ueber die Zulassung von Ausnahmen von Ortsgesetzen in Einzel- 
fällen bestimmt § 53 Abs. 2 näheres. 
Die Absätze 2 und 3 des § 51 klären einige durch die Artikel 10 und 11 
der rev. Gemeindeordnung vom 17. Juni 1874 offen gelassene Zweifelsfragen 
wegen der zulässigen räumlichen Ausdehnung der Ortsgesetze und des Verfahrens 
bei Aufhebung derselben. 
Bezüglich der für mehrere Gemeinden gemeinschaftlichen Ortsgesetze enthält 
schon das Krankenversicherungsgesetz vom 10. April 1892 in den 885 12 und 43 
ähnliche Bestimmungen. 
Kommen übrigens solche gemeinschaftliche Ortsgesetze nicht zustande, so 
kann ortsgesetzlich die Verpflichtung zu den Aunliegerleistungen auch auf diejenigen 
Grundstücke erstreckt werden, welche zwar außerhalb der Gemeinde, aber an einer 
zu dieser in ihrer ganzen Breite gehörigen Straße liegen. 
Das eine derartige Bestimmung enthaltende Ortsgesetz darf aber nur nach 
Gehör der Vertretung der Nachbargemeinde und der von der Bestimmung 
getroffenen Grundstückseigentümer und nur unter der Voraussetzung genehmigt 
werden, daß überwiegende Billigkeitsgründe dafür sprechen.
	        
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