Full text: Gesetzsammlung für das Fürstentum Reuss Jüngerer Linie. Siebenundwanzigster Band. 1910-1911. (27)

Zu § 54. 
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Aber auch in diesen Fällen darf die Erledigung des schwebenden Einschätzungs- 
oder Rechtsmittelverfahrens nicht durch das Strafverfahren aufgehalten werden. 
Um zweifelhafte Rechtsfragen zum Austrage zu bringen, ist das Straf- 
verfahren nicht gceignet. 
2. Eine strafbare Handlung nach § 53 Abs. 1 oder 2 liegt nur vor, 
wenn der Steuerpflichtige die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit seiner tatsächlichen 
Angaben zur Zeit, als er sie machte, gekannt hat. 
Eine Verkürzung des Steuerinteresses „hat stattgefunden“, wenn infolge 
der strafbaren Angabe im Einschätzungs= oder Rechtsmittelverfahren endgültig ein 
geringerer Steuersatz festgesetzt worden ist, als bei richtiger Angabe nach den 
maßgebenden Bestimmungen hätte festgesetzt werden müssen. 
§ 53 Abs. 2 trifft die Fälle, in denen das Gesamteinkommen zwar richtig 
in der Selbsteinschätzung angegeben, aber über die einzelnen Quellen wissentlich 
umrichtige oder unvollständige Angaben gemacht sind, welche zur Kürzung des 
Steuerinteresses zu führen geeignet sind, sowie alle sonstigen Fälle, in welchen 
zwar wissentlich falsche Angaben gemacht sind, dem Steuerpflichtigen aber nach 
Lage des Falles die Absicht der Steuerhinterziehung nicht nachzmoeisen ist; daß 
jedoch die Absicht eines Steuerpflichtigen, der wissentlich falsche Angaben macht, 
gleichwohl nicht auf eine Steuerhinterziehung gerichtet war, ist keineswegs zu 
vermuten. 
Artikel 67. 
Verfahren ohne Strafbescheid. 
Nach Abschluß der Untersuchung, die in einfacheren Fällen dem Steuner- 
amte überlassen werden kann, ist an den Schuldigen in der Regel zunächst eine 
vorläufige Nachsteuer= und Strafanforderung zu erlassen, und zwar nach An- 
hörung des Schuldigen und hinsichtlich der Steuernachforderung tunlichst nach 
Anhörung der Gemeinde. Sie erfolgt durch eine Verfügung, die den Tatbestand 
der strafbaren Zuwiderhandlung angeben und das angewendete Strafgesetz be- 
zeichnen, insbesondere auch erkennen lassen muß, ob die Bestrafung nach Abs. loder2 
des § 53 erfolgt; sie muß ferner den Betrag der Geldstrafe (§ 54 Abs. 2) und 
der Kosten des Verfahrens bestimmen, endlich auch die Eröffnung enthalten, daß 
der Erlaß eines förmlichen Strafbescheids und die förmliche Festsetzung der 
hinterzogenen Steuer durch das Landsteueramt nach § 55 G. erfolgen werde, 
wenn der Schuldige nicht binnen einer auf mindestens 14 Tage, vom Zustellungs- 
tage an, zu bemessenden Frist Strafe, Nachzahlung und Kosten freiwillig an die
	        
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