Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

4. Kapitel. Die Anfgaben d. öffentl. Gewalt gegenüber den Eisenbahnen. 291 
stellen. Die Verbandsverwaltungen zahlen — unter Berücksichtigung 
ibres bisherigen Erträgnisses aus der Abrechnung über die Wagen- 
miete — an den Verband Pauschvergütungen (etwa 1 Pf. für die in 
ihrem Gebiete geleisteten Achskilometer), und die so aufkommenden Ein- 
nahmen des Verbandes werden auf die Verbandsverwaltungen verteilt 
nach dem Verbältnis ihrer Wagenachsbestände. Die Einnahmen und 
Ausgaben an Wagenmieten aus dem Verkehr mit verbandsfremden Ver- 
waltungen werden auf die Verbandsverwaltungen nach einem bestimmten 
Mabstabe verteilt. Die Geschäftsführung bat das 1907 errichtete Eisen- 
bahnzentralamt in Berlin. Der Verband erstreckt sich übrigens auch 
auf eine großbe Reihe von Privat- und Kleinbahnverwaltungen. Er hat 
ohne Zweifel den Vorteil, die Leerläufe der Güterwagen zu vermindern, 
und den Betrieb zu verbilligen. 
Ein weiterer Schritt ist 1911 erfolgt. Von der Verwaltung der 
preubisch-hessischen Staatsbahnen ist mit den Verwaltungen der bayerischen 
Staatsbahnen links und rechts des Rheins, der badischen, württem- 
bergischen, sächsischen, oldenburgischen, mecklenburgischen Staatseisen- 
bahnen, der Reichseisenbahnen in Elsaß-Lothringen und der Lübeck- 
Büchener Eisenbahugesellschaft vereinbart worden, die Einnahmen aus 
dem Gepäckverkehr nicht mehr einzeln nach Verkehrsverbindungen 
abzurechnen, sondern nach besonders ermittelten Verhältniszahlen summa- 
risch zu verteilen. Damit ist eine deutsche Gepäckeinnahmegemeinschaft 
geschaffen worden. 
Der Gedanke an eine weitergehende Betriebs- und Finanzgemein-- 
schaft der deutschen Bahnen ist mit den erwähnten Schöpfungen 
keineswegs erfüllt, und er wird immer wieder erörtert, da er grobe. 
betriebliche und geldliche Vorteile verspricht. Fachmännische Berech- 
nungen sind auf 30 und mehr Mill. M. jährlicher Ersparnis aus einer 
solchen Eisenbabngemeinschaft gekommen. Das ist, wenn es sich be- 
stätigen sollte, nicht zu verachten, und so viele Hindernisse sachlicher 
und formeller Art auch im Wege stehen mögen, so ist es doch nicht 
ausgeschlossen, daß der Gedanke sich allmählich durchringt. Vom volks- 
wirtschaftlichen Standpunkt ist das durchaus zu wünschen, weil damit 
eine fühlbare Entlastung des großen Verkehrswesens an toten Kosten ein- 
treten mußb. 
5 2. Die Knanzielle Bahandeng der Eisenbahnen. Eisenbahnen, 
die sich in der Hand von Erwerbsgesellschaften befinden, haben ihrer 
Natur nach das Streben, über ihre volle Eigenkostendeckung hinaus 
Reingewinne zu erzielen. Sie folgen also dem gewerblichen Grundsatze. 
Freilich sind sie darin nicht unbebindert. Auch wenn der Staat die 
Eisenbahnen ganz den Erwerbsgesellschaften überläßbt und ihnen in keiner 
Weise durch Geldbeibilfen, Zinsgewähr usw. zu Hilfe kommt, kann er 
ihr finanzielles Vorgehen beeinflussen, da er kraft seines Oberaufsichts— 
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