(139 )
richtig niederschreiben und einen leichten lateinischen Schriftsteller übersetzen können. Ueber die
in diesen Beziehungen mit ihm vorgenommene Pruͤfung hat der Physicus ein Zeugniß auszustel-
len, durch welches der Wundarzt erst die Erlaubniß erhäle, den Geprufeen als tehrling der Bar-
bierzunft anzunehmen.
Die Physici haben bei diesen Pruͤfungen mit der strengsten Gewissenhaftigkeit zu Werke zu
gehen, und, bei eigner Verantwortlichkeit, das Zeugniß nur dem in Wahrheit Wuͤrdigen zu erthei—
len, ohne alle Privatruͤcksichten und Partheilichkeit, den Unwuͤrdigen aber sogleich zuruͤckzuweisen.
2.) Die kehrlinge sind, während der tebrzeit, schlechterdiugs nicht mic häuslichen und andern,
dem Berufe, dem sie sich widmen wollen, fremden Arbeiten, sondern lediglich auf eine, ihrer
künftigen Bestimmung angemessene, Weise zu beschäftigen. Zu dem Ende sollen ihnen die tehr-
berren täglich wenigstens zwei Stunden Zeit lassen, damit sie sich ctheils für sich, theils durch
Unterricht eines tehrers, fortwährend in den Schulwissenschafften üben und auch darauf sehen,
daß sie einen guten tehrer hierzu wählen. Sie selbst haben die tehrlinge in den niedern chirurgi-
schen Hülfsleistungen und den dazu nöthigen anatomischen Vorkenncnissen zu unterrichten, beson-
ders auch in dem Anlegen der Bandagen fleißig zu üben. Zu diesem Unterrichte muß ein jeder
gtehrherr die nöthigen Schriften, Instrumente, Bandagen, ein Skelet und ein Phantom zur
Anlegung der Bandagen besiben. Ueber die zum Unterrichte zu wählenden Bücher werden keine
allgemeinen Vorschriften ertheilt; der Wundarzt hat sich darüber jederzeit mit dem ihm vorgeset-
ten Physico zu berathen, damic das Brauchbarste gewählt werde; und in dieser Hinsiche wer-
den die Physici von Zeic zu Zeic, von der ihnen vorgesetzten Medicinalbehörde, auf diejenigen
Schriften aufmerksam gemacht werden, welche vorzüglich zu empfehlen sind.
3.) Die Physici haben die, unter ihnen stehenden, chirurgischen Officinen jährlich zu revidi-
ren, und, wenn sie die erforderlichen Lehrmiceel nicht sinden, den tehrherrn zu Anschaffung der-
selben anhalten zu lassen, auch überhaupt genaue Aufsiche zu führen, daß die, im Betreff des Un-
rerriches, unter 2. ertheilten Vorschriften gehörig befolgt werden, und die tehrlinge von Zeit zu
Zeit unerwartek zu prufen.
4.) Nach beendigter tLehrzeit ist eine fernerweite Prüfung des tehrlings, in Gegenwart des
tehrherrn und eines obrigkeitlichen Deputirren, vorzunehmen, und es ist dabei von dem Physicus
vorzüglich darauf Rücksicht zu nehmen, ob der tehrling in den Schulwissenschaften Fortschritte
gemacht habe, ob er in der Knochen,-Muskel= und Blurgefäßlehre, sowie der Physiologie und
Chirurgie, wenigstens die allgemeinen Säße begriffen habe, und in den niedern chirurgischen Hülfs-
leistungen, besonders in dem Anlegen der Bandagen, gut genbt sei. Hatr der tehrling in der
Prufung bestanden, so wird ihm der tehrbrief als Geselle ertheile, der sich jedoch nur auf die
Barbier= und Baderzunft, nicht auf die Wundarzneikunst beziebet, und ihm noch kein Reche
giebt, diese in irgend einem Grade auszunben. Sollte aber der tehrling bei der Prüfung
nicht besteben, so ist er, wenn die Schuld davon an ihm selbst liegt, auf noch ein Jahr in die
tehre zurückzuweisen, wenn aber die Schuld dem tehrherrn beigemessen werden kann, nach vor-
[18