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ab und machen oft den Eindruck von Geschäftsmüden, die sagen:
Laßt uns doch in Ruhe. Ein ultramontanes Ministerium in
Bayern würde ich nicht fürchten. Entweder es wäre reichsfeind-
lich, dann würden wir es in drei Monaten zum Biegen oder
Brechen bringen, oder es würde — die Ultramontanen sind
geschickte Leute — dem Reiche das Seinige lassen, dann wäre
es ja gut. Es ist mir aus Bayern schon nahe gelegt worden,
der Bildung eines ultramontanen Ministeriums Vorschub zu
leisten, um die Verhältnisse dort zu klären; die Verantwortung
hiefür übernehme ich aber nicht.
Delbrück trägt sich mit der Absicht, aus dem Amte zu
scheiden; als Grund gibt er die Besorgnis an, bei fortgesetzter
Tätigkeit von einem Gehirnleiden befallen zu werden, welche
Besorgnis ich auch schon für mich gehabt habe. Im Reichs-
kanzleramt, nicht im Reichskanzler, der der alleinige verant-
wortliche oberste Leiter bleiben muß, ist zu viel vereinigt; die
Maschine ist mir zu mächtig geworden; es müssen Abteilungen
mit größerer Selbständigkeit gebildet werden, namentlich die
Justizabteilung kann selbständig sein; die Persönlichkeit des
Reichskanzleramtspräsidenten prägt sich im ganzen Geschäfts-
gang zu sehr aus; seine kontrollierende Tätigkeit sollte mehr
in den Bundesausschüssen liegen. Ob das Reichseisenbahn-
gesetz bis zur nächsten Session fertig wird, ob man überhaupt
darüber sich verständigen kann, weiß ich nicht.“ Bei der
Schilderung der bestehenden Mißstände exemplifizierte Bis-
marck vorzugsweise auf die Privatbahnen, und nur gelegentlich
bemerkte er, vielleicht wäre eine Lösung auch darin zu finden,
daß das Reich einen größeren Eisenbahnkomplex als Eigen-
tum erwerben würde.