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Sein Thema behandelt der Verfasser in drei Abschnitten. Der erste,
gleichsam der allgemeine Teil, umfasst die Begründung staatlicher Verwal-
tungsgerichtsbarkeit auf kirchenrechtlichem Gebiete. Es wird hier das Wesen
der Kirchenhoheit als,der Staatshoheit in ihrer Bethätigung gegenüber den
religiösen Bedürfnissen der Unterthanen und die Natur der Verwaltungs-
gerichtsbarkeit nach dem geltenden Rechte erörtert. Die hier vom Verfasser
vertretenen Ansichten zeichnen sich nicht durch besondere Neuheit aus,
sondern sind meist schon anderweitig ausgesprochen. Damit soll keineswegs
ein Vorwurf ausgesprochen werden, im Gegenteil würde es ein Fortschritt
sein, wenn sich über einzelne Fragen des öffentlichen Rechtes eine Communis
Opinio ausbilden sollte. Jedenfalls erübrigt sich aber eine kritische Stellung-
nahme zu den vom Verf. vertretenen Ansichten, da Ref. die seinigen in dieser
Beziehung schon anderweitig hinreichend zum Ausdrucke gebracht hat.
Dies gilt sowohl da, wo Ref. mit dem Verf. übereinstimmt, wie bezüglich
der Preisgabe der bisher üblichen Dreigliederung der Kirchenhoheit, als auch
in den Punkten, wo er von ihm abweicht, wie z. B. hinsichtlich der Dif-
ferenziierung der Staatsfunktionen in Gesetzgebung und Vollziehung im
Hänel’schen Sinne und hinsichtlich der Charakterisierung der Verwaltungs-
gerichtsbarkeit: als einer Rechtsprechung über subjektive Rechte.
Der zweite Abschnitt behandelt den Umfang staatlicher Verwaltungs-
gerichtsbarkeit auf kirchenrechtlichem Gebiete. Nach bestimmten Haupt-
gruppen zusammengefasst, wird hier das positive Recht der grösseren deut-
schen Staaten gesondert zur Darstellung gebracht. Dieser Teil dürfte vor-
wiegend für den Gebrauch in der Praxis sich eignen. Bei einer blossen
Lektüre jeder einzelnen Ausführung des Verf. über das geltende Recht zu
folgen, ist unmöglich. Man müsste zu diesem Zwecke das ganze reichhaltige
Material selbst durcharbeiten.
Der letzte Abschnitt, welcher das prinzipielle Anwendungsbereich
staatlicher Verwaltungsgerichtsbarkeit aufkirchenrechtlichem Gebiete behandelt,
bildei gewissermassen die Fortsetzung des ersten. Aus den im ersten Teile
bezüglich des Wesens der Kirchenhoheit und der Verwaltungsgerichtsbarkeit
gewonnenen Ergebnissen wird die Schlussfolgerung über die Anwendbarkeit
der Verwaltungsrechtsprechung auf staatskirchenrechtlichem Gebiete gezogen.
Von diesem Abschnitte gilt daher alles, was von dem ersten gesagt ist.
Insbesondere wird jemand, soweit er den Ober- und Untersätzen des Verf.
nicht zustimmen kann, auch die in dem dritten Abschnitte enthaltenen
Schlussfolgerungen ablehnen müssen, z. B. die, dass die Verwaltungsklage
nur anwendbar sei zur Verfolgung subjektiver Rechte der einzelnen Unter-
thanen oder der Kirchengesellschaften. Beiläufig mag noch erwähnt werden,
dass Verf. mit Hinschius das Wesen der öffentlich aufgenommenen Kirchen-
gesellschaft in ihrer obrigkeitlichen W&ewalt über ihre Mitglieder sieht, eine
Auffassung, der Ref. auch schon anderweitig mehrfach entgegengetreten ist.