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haft zu prüfen. Es entscheiden aber über die Frahe, ob eine Thatsache als erwiesen anzuneh-
men sei oder nicht, keine gesetzlichen Beweisregeln,, sondern die freie, aus der gewissenhaften
Prüfung gewonnene Ueberzeugung der abstimmenden Mitglicder des Gerichts.
Art. 253.
Das Gericht beschließt mit Stimmenmehrheit. Vei Stimmengleichheit geht die dem An-
geklagten günstigere Meinung vor.
Bei mehr als zwei verschiedenen Meinungen über dieselbe Frage, von denen keine die
Mehrheit für sich hat, werden die dem Angeklagten nachtheiligsten Stimmen den zunächst
minder nachtheiligen so lange zugezählt, bis sich eine Mehrheit ergibt. Ist es zweifelhaft,
welche Meinung nachtheiliger sei, so ist darüber besonders abzustimmen, wobei die Stimmen=
mehrheit und bei Stimmengleichheit die Stimme des Vorsscenden den Ausschlag gibt.
Alles bei Strafe der Nichtigkeit.
Art. 254.
Findet das Gericht, daß ein unberechtigter Ankläger aufgetreten (Art. 208. Nr. 2) oder
daß die in dem Perweisungserkenntniß aufgeführte That durch kein Strafgesetz verboten ist,
so spricht es, ungeachtet des vorliegenden Verweisungserkenntnisses den Angeklagten jetzt noch
von der Anklage frei, wenn nicht bereits eine entgegenstehende Entscheidung des Oberappella-
tionsgerichts ergangen ist (Art, 212).
Das Gericht pricht ferner den Angeklagten frei, wenn es dafür hält, dass der Thatbestand.
des Verbrechens nicht hergestellt, oder die Thäterschaft nicht erwiesen sei, oder daß Umstãnde
vorliegen, welche die Strafbarkeit aufheben.
Privatrechtliche Ansprüche, welche dem Strafverfahren anzeschlosen waren, sind in
diesen Fällen zu elwaiger weiterer Verfolgung vor dem Cidilrichter vorzubehalten.
Der durch das Urtheil Freigesprochene ist, wenn er verhaftet war, sofort in Freiheit zu-
seten, sofern nicht noch ein anderer Grund zu seiner Verhaftung vorliegt. oder die aufschie-
bende Wirkung eines Rechtsmittels in den Weg tritt (Art. 321).
Der Freigesprochene kann wegen desselben Verbrechens niche noch einmal in Anklage
genommen und vor Gericht gezogen werden; vorbchältlich der Fällr, wo eine Wlederaufnahme
der Untersuchung zulässig ist (Artt. 335, 336).
· Akk.255.
Ergibt die Hauptverhandlung, daß der Angeklagte einer anderen That oder eines an-
deren Verbrechens schuldig ist, als in dem Verweisungserkenntniß enthalten ist, so wird der-
selbe, vorbehaͤltlich der in dem folgenden Artikel geordneten Ausnahmen, zwar von der erho-
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