Full text: Gesetzsammlung für das Fürstenthum Schwarzburg-Rudolstadt. Fünfundzwanzigster Jahrgang. 1864. (25)

1864. 85 
Der Lehrherr ist verpflichtet, den Lehrling nach Vermögen in allen Arbeiten des- 
jenigen Gewerbes, zu dessen Erlernung er ihn angenommen hat, zu unterweisen oder 
durch geeignete Gehülfen unterweisen zu lassen und denselben zu häuslichen Verrich- 
tungen, sowie zu anderen Dienstleistungen, nur so weit zu benutzen, als dieses ohne 
Beeinträchtigung des Hauptzweckes geschehen kann. Er hat den Lehrling zu sittlichem 
und religiösem Lebenswandel anzuhalten, demselben auch zum Besuche des Gottes- 
dienstes, sowie, wenn eine gewerbliche Fortbildungs oder Sonntags-Schule am Orte 
sich befindet, zum Besuche einer derselben, Zeit zu lassen. 
8. 70. 
Probezeit. 
Ist in dem Lehrvertrage eine Probezeit bedungen, innerhalb deren beiden Theilen 
der Rücktritt frei steht, so wird, wenn nach Ablauf derselben die Lehre fortgesetzt wird, 
die Probezeit in die bedungene Lehrzeit eingerechnet. 
8. 71. 
Aufhebung der Lehrvertrags. 
Vor Beendigung der bedungenen Lehrzeit kann, abgesehen von weitergehenden 
contractlichen Verabredungen, der Lehwertrag einseitig aufgehoben werden: 
" A. Von Seiten des Lehrherrn: 
a) wenn der Lehrling sich ein Verhalten zu Schulden kommen läßt, welches zur 
polizeilichen Ausweisung eines Auswärtigen berechtigt, vder wenn er wegen 
Verlehung pflichtmäßiger Verschwiegenheit nach Art. 320 des Strafgesetz 
buchs verurtheilt wird; 
b) wenn er an Verabredungen von Arbeitern zur Erzwingung höherer Löhne, 
kürzerer Arbeitszeit u. s. w. Theil nimmt; 
c) wenn er den Lehrherrn oder ein Glied seiner Familie oder seines Haus- 
slandes, oder eine in der Werkstatt zur Aufsicht angestellle Person thätlich 
oder sonst schwer beleidigt; 
6) wenn er Glieder der Familie des Arbeitsherrn, Arbeiter oder Lehrlinge zu 
unordeutlichem Lebenswandel oder zu unerlaubten Handlungen zu verleiten 
sucht; 
S) wenn er länger als 6 Wochen von einer nicht durch die Arbeit selbst ent- 
standenen Krankheit an der Arbeit verhindert wird; 
Fürstl. Schw. Rudolst. Gesetzsamml. XXV. 14
	        
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