1867. 67
XII. Schlichtung von Streitigkelten und Strafbestimmungen.
Artikel 74.
Jedes Unternehmen gegen die Existenz, die Integrität, die Sicherheit oder die
Verfassung des Norddeutschen Bundes, endlich die Beleidigung des Bundesrathes, des
Reichstages, eines Mitgliedes des Bundesrathes oder des Reichstages, einer Behörde
oder eines öffentlichen Beamten des Bundes, während dieselben in der Ausübung
ihres Berufes begriffen sind oder in Beziehung auf ihren Beruf, durch Wort, Schrift,
Duuck, Zeichen, bildliche oder andere Darstellung, werden in den einzelnen Bundes-
staaten beurtheilt und bestraft nach Maßgabe der in den letzteren bestehenden oder künftig
in Wirksamkeit tretenden Gesetze, nach welchen eine gleiche gegen den einzelnen Bundes-
staat, seine Verfassung, seine Kammern oder Stände, seine Kammer= oder Stände-
Mitglieder, seine Behörden und Beamten begangene Handlung zu richten wäre.
Artikel 75.
Fur diejenigen in Art. 74 bezeichneten Unternehmungen gegen den Norddeutschen
Bund, welche, wenn gegen einen der einzelnen Bundesstaaten gerichtet, als Hochverrath
oder Landesverrath zu qualificiren wären, ist das gemeinschaftliche Oberappellations-
gericht der drei freien und Hansestädte in Lübeck die zuständige Spruchbehörde in erster
und letzter Justanz.
Die näheren Bestimmungen über die Zuständigkeit und das Verfahren des Ober-
Appellationsgerichts erfolgen im Wege der Bundesgesetzgebung. Bis zum Erlasse
eines Bundesgesehzes bewendet es bei der seitherigen Zuständigkeit der Gerichte in den
einzelnen Bundesstaaten und den auf das Verfahren dieser Gerichte sich beziehenden
Bestimmungen.
Artikel 76.
Streitigkeiten zwischen verschiedenen Bundesstaaten, sofern dieselben nicht privat-
rechtlicher Natur und daher von den competenten Gerichtsbehörden zu entscheiden sind,
werden auf Anrufen des einen Theils von dem Bundeörathe erledigt.
Verfassungsstreitigkeiten in solchen Bundesstaaten, in deren Verfassung nichteine
Behörde zur Entscheidung solcher Streitigkeiten bestimmt ist, hat auf Anrufen eines
Theiles der Bundesrath gütlich auszugleichen oder, wenn das nicht gelingt, im Wege
der Bundesgesetzgebung zur Erledigung zu bringen.