1876. 111
Art. 162.
Das Landrathsamt ist, um sich die Ueberzeugung zu verschaffen, daß die Ver-
wallung der Gemeindeangelegenheiten den Geseyen gemäß gehandhabt, der Haushalt
ordnungsmäßig geführt und die Obliegenheiten der Gemeinde überall erfüllt werden,
berechtigt und, so oft die ihm bekannt werdenden Verhältnisse im Interesse der Ge.
meinden es ihm räthlich erscheinen lassen, verpflichtet, Nachweisungen über den
Hauchalt der Gemeinden, namentlich über die Einhaltung der Schuldentilgungs-
pläne und der Voranschläge, uber Bewirthschaftung der Gemeindewaldungen, über
die Geschäftsführung der Bürgermeister und Schultheißen, sowie der ganzen Stadt-
und Gemeinderäthe, über die Erfüllung der Gemeindeobliegenheiten zu verlangen.
Eo ist dechalb berechtigt, Acten, Voranschläge, Steuerheberollen, Nechnungen
und Protocoll= Bücher u. s. w. jederzeit einzufordern, die lechnische Beaufsichtigung
größerer Gemeindewaldungen und die Prüfung der Gemeinderechnungen durch einen
Sachverständigen auf Kosten der Gemeinde anzuordnen und die Ausführung der-
artiger Anordnungen streng zu überwachen, zu dem Ende auch Beauftragle zur
Prüfung der Verhältnisse an Ort und Stelle zu senden und vorgekommene Gesetz-
widrigkeiten und Vernachlässigungen in Erörterung zu ziehen und zur Beseitigung
derselben die nöthigen Verfügungen zu treffen. Dies letztere findet auch rücksichl-
lich der Gutsbezirke Statt.
Art. 163.
Das Landrathsamt darf die Bürgermeister, Schultheißen und deren Stell.
vertreter, sowie die übrigen Mitglieder der Stadt= und Gemeinderäthe wegen vor
kommender Ordnungswidrigkeiten in Haemengeltun bis zu 36 Mark nehmen.
Wenn die Gemeindebehörde, i Gemeindeversammlung, sich weigert.
nothwendige Ausgaben der (Bemeinde zu genehmigen, so ist das Landrathoamt er-
mächtigt, dieselben von Amtswegen in den Voranschlag einzutragen oder die außer-
ordentliche Aufbringung anzuordnen und vollzichen zu lassen (Art. 15).
In diesem Falle hat das Landrathsamt das Recht, die Vertheilung von
Gemeindenutzungen und Cassenüberschüssen zum Besten des angegebenen Zweckes zu
untersagen.
Wird Seitens der Gemeinde die Voraussetzung der Nothwendigkeit der Aus-
habe bestritten, so bleibt ihr gegen die Entscheidung des Landrathsamites die Be-
rufung an das Ministerium vorbehalten.
Verweigert die Gemeindebehörde, bezüglich die Gemeindeversammlung oder die
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