112 1876.
Vertretung der Gutsbezirke, in den ihr üUberwiesenen Angelegenheiten Beschlüsse zu
fassen, so ist das Landrathsamt auf vorhergegangene Androhung berechtigt, anstatt
derselben Bescheidung zu ertheilen, welche gleiche Wirksamkeit hat, als wäre sie von
der Gemeindebehörde oder dem Vertreter des Gutobezirks selbst ausgegangen.
Art. 165.
Gegen Entscheidungen des Landrathsamtes sindet Berufung an das Ministerium
Statt.
Art. 166.
Das Minislerium übt die Oberaufsicht iber d# Verwaltung der Gemeinde-
angelegenheiten und der öffentlichen Angelegenheiten der Gutsbezirke in allen Fällen
aus, in welchen solche nicht dem Landrathsamte überwiesen ist. Außer den zu
ertheilenden Enischeidungen auf an dasselbe gelangte Berufungen ist von der Ge-
nehmigung des Ministeriums die Gültigkeit gesaßter Beschlüsse der Stadt= oder
Gemeinderäthe, bezüglich der Gemeindeversammlung, in folgenden Fällen abhängig:
1) bei Veräußerung von Gemeinde-Grundbesitzungen, Grundbesitzungen einzelner
Classen von Gemeindemitgliedern oder diesen gleichstehenden Gerechtsamen, wenn der
Werth der veräußerten Gegenstände in Gemeinden von weniger alc 2500 Ein-
wohnern 300 Mark oder mehr, in stärker bevölkerten Gemeinden 1500 Mark oder
mehr beträgt.
Zu diesen Veräußerungen gehört auch die Theilung solcher Grundbesitzungen,
Gemeindenutzungen und Cassenüberschüsse.
Bei Aufnahme von Anleihen, welche eine Vermehrung der Gemeindeschulden
herbeiführen, also nicht zur Abstoßung schon bestebender Darlehnsschulden gemacht
werden und nicht zu den Schulden der laufenden Verwaltung gehören (Art. 115),
sowie bei Anlegung von Capitalien gegen andere als depositalmäßige Sicherheit in
denselben Beträgen; desgleichen bei Betheiligung an Actienunternehmungen.
Ferner gehören hierher insbesondere noch folgende Fälle:
3) Ortsslatuten. Ortogesetze (Art. 13) bedürsen zu ihrem Erlasse der vorher.
gehenden Beslätigung des Ministeriums, welche aber nur aus bestimmten, der Ent.
scheidung beizufügenden Gründen versagt werden darf;
4) die Erhebung neuer indirecter Gemeindeabgaben kann nur nach eingeholter
Genehmigung des Ministeriums erfolgen (Art. 126):
5) bei wiederholter oder grober Pflichtverletzung, bei geistiger oder körperlicher
Unfähigkeit zu Besorgung des Dienstes, sowie bei Verlust des guten Leumundes
kann das Ministerium nach Anhörung der Gemeindebehörde und des Landraths.