544 1879.
XI. Besondere Arten des Verfahrens.
A. Versahren bei amkorichterlichem Strasbefehl.
Art. 56.
Die Erhebung der öffenklichen Klage durch den Antrag auf Erlaß eines richter
lichen Strafbefehls ist zulässig:
1. bei allen Ueberkretungen,
2. bei den nach Artikel 14 Nr. 4 zur Zuständigkeit der Amtsanwälte gehörigen
Vergehen.
St. P. O. §. 447 Abs. 1.
N. bei allen Forst, und Feldrügesachen.
Gesetz vom 15. März 1879 (Ges. Samml. S. 80 fl.) F. 6.
Art. 57.
Durch amtsrichlerlichen Strafbefehl darf jedoch keine andere Strafe als Geld-
strase von höchstens einhundertundfünfzig Mark oder Freiheitsstrase von höchslens
sechs Wochen, sowie eine ehra verwirkte Einziehung festgesetzt werden. Im Be-
sonderen darf die Ueberweisung des Angeschuldigten an die Landespolizeibehörde in
einem Slrafbesehle nicht ausgesprochen werden.
Wo also der Amtsanwalt eine höhere oder eine andere als die für den Straf-
besehl zugelassene Strafe für angemessen erachtet, wird das Versahren mit richter-
lichem Strafbefehl nicht Platz greisen können, im Uebrigen wird es die
Regel bilden.
St. P. O. §. 447 Abs. 2 und 3.
Art. 58.
Gegen einen Beschuldigten, welcher zur Zeit der That das achtzehnte Lebens-
jahr noch nicht vollendet hatte, ist der Erlaß eines Strafbefehls nicht zu beantragen,
ebensowenig gegen einen Taubstummen, weil sich der Richter in beiden Fällen auf
Grund des Eindrucks der Hauptverhandlung darüber schlüssig machen muß, ob der
Angeklagte bei Begehung der strafbaren Handlung die zur Erkenntniß ihrer Straf-
barkeit erforderliche Einsicht besaß.
St. G. B. F. 57 Abs. 1, F. 58.
Gegenüber einem vorläusig Festgenommenen ist der Erlaß eines Strafbefehls
zwar zulässig, es wird aber in der Regel das Verfahren nach Artikel 53 bezw. 54
sich als zweckmäßiger erweisen.