1887. 7
Die Aushändigung des Briefes erfolgt nur, sofern gegen den Inhalt kein Bedenken
obwaltet, worüber der Gefängnißvorsteher zu entscheiden hat.
Kein Untersuchungsgefangener erhält Schreibmaterialien in die Gefängniß-
zelle: Strafgefangene bekommen dergleichen nur mit Genehmigung des Gefängniß-
vorstehers. Will ein Untersuchungsgefangener schreiben, so geschieht dies in einem
besonderen Zimmer im Beisein einer Gerichtsperson oder des Gefangenenaufsehers.
Kein Brief eines Gesangenen darf befördert werden, bevor der Gefängnißvor-
steher denselben eingesehen und die Erlaubniß zur Absendung ertheilt hat.
Für den schriftlichen Verkehr eines verhafteten Beschuldigten mit seinem Ver-
theidiger ist S. 148, Abs. 1 und 2 der Str.-Pr. O. maßgebend.
8. 12.
Bestellungen an Gesangene; Zustellungen.
Keine Bestellung an Gefangene darf ohne Erlaubniß des Gefängnißvorstehers
ausgerichtet werden, noch weniger dürfen die Gefängniß. Beamten sich in Verkehr
mit den Gesangenen einlassen und Aufträge derselben ausrichten.
Sorgt der Gefangene selbst für seine Beköstigung (§. 18), so sind die Natu-
ralien nebst dem Geschirr sorgfältig zu untersuchen und namentlich Backwerk zu
zerschneiden, desgleichen Kleider und Wäsche im Futter und in den Nähten zu
untersuchen.
Wegen des Verfahrens bei Zustellungen an Gefangene (C.Pr.O. J. 152 ff.
Str.-Pr.-O. §. 37) wird auf die Verordnung vom 21. December 1881 (Ges.
Samml. S. 82) verwiesen.
8. 13.
Verbot des Tabakrauchens und Branntweintrinkens.
Kein Gefangener erhält Branntwein. Das Tabakrauchen kann von dem Ge-
fängnißvorsteher ganz ausnahmsweise solchen Straf-Gefangenen gestattet werden,
welchr sich selbst verpflegen und sich durch gute Aufführung auszeichnen. Die Er-
laubniß zum Genusse von Schnupftabak bei zahlungssähigen Gefangenen hängt vom
Ermessen des Gefängnißvorstehers ab.
8. 14.
Beschäftigung der Gesangenen mit Lesen.
In jeder Gefängnißzelle muß eine Bibel oder ein neues Testament oder ein
geeignetes Erbauungsbuch vorhanden sein.