52 1892.
Bestimmungen der Gewerbe-Ordnung
über
Arbeitsbücher und Arbeitszeugnise.
(Gesetz, betrefsend die Abänderung der Gewerbe-Ordnung, vom 1. Juni 1891, Reichd-Gesetzblatt Seile 201.)
107.
Minderjährige Personen dürfen, soweit reichsgesetzlich nicht ein Anderes zu-
gelassen ist, als Arbeiter nur beschäftigt werden, wenn sie mit einem Arbeitsbuche
versehen sind. Bei der Annahme solcher Arbeiter hat der Arbeitgeber das Arbeits-
buch einzufordern. Er ist verpflichtet, dasselbe zu verwahren, auf amtliches Verlangen
vorzulegen und nach rechtmäßiger Lösung des Arbeits-Verhältnisses dem Arbeiter
wieder auszuhändigen. Die Aushändigung erfolgt an den Vater oder Vormund, so-
sem diese es verlangen, oder der Arbeiter das sechszehnte Lebensjahr noch nicht voll-
endet hat. andernfalls an den Arbeiter selbst. Mit Genehmigung der Gemeinde-
Behörde des im §. 108 bezeichneten Ortes kann die Aushändigung des Arbeits-
buches auch an die Mutter oder einen sonstigen Angehörigen oder unmittelbar an
den Arbeiter erfolgen.
Auf Kinder, welche zum Besuche der Volksschule verpflichtet sind, finden vor-
stehende Bestimmungen keine Anwendung.
8. 108
Das Arbeitsbuch wird dem Arbeiter durch die Polizei · Behõörde desjenigen Ortes,
an welchem er zuleht seinen dauernden Aufenthalt gehabt hat, wenn aber ein solcher
im Gebiete des Deutschen Reichs nicht stattgesunden hat, von der Polizei-Behörde
des von ihm zuerst erwählten deutschen Arbeitsortes kosten= und stempelfrei ausgestellt.
Die Ausstellung erfolgt auf Antrag oder mit Zustimmung des Vaters oder Vor-
mundes; ist die Erklärung des Vaters nicht zu beschaffen oder verweigert der Vater
die Zustimmung ohne genügenden Grund und zum Nachtheile des Arbeiters, so kann
die Gemeinde-Behörde die Zustimmung desselben ergänzen. Vor der Ausstellung ist
nachzuweisen, daß der. Arbeiter zum Besuche der Volksschule nicht mehr verpsflichtet
ist, und glaubhaft zu machen, daß bisher ein Arbeiksbuch für ihn noch nicht aus-
gestellt war.