1895. 20
6. Kommt Wind oder Wasser nur in einzelnen Theilen einer gewerblichen
Anlage als Triebkrast in Anwendung, so erstreckt sich die Gestattung der Sonntags-
arbeit nicht nur auf diejenigen Arbeiten, welche unter Benutzung des Wind= oder
Wasserniebwerks ausgeführt werden, sondern auch auf solche Arbeiten, die mit jenen
Arbeiten derart im Zusammenhange stehen, daß sie nicht wohl am vorhergehenden
oder nachfolgenden Werktag vorgenommen werden können.
7. Für die Zulassung der Ausnahmen kommen zwei Verfahren in Frage:
a) Einmal ist der Landrath befugt, nach Lage der örklichen Verhältnisse
allgemeine Ausnahmen für bestimmte Betriebsarten, Verwaltungsgebiete
oder Wasserläufe zuzulassen, sowie einzelnen, nach Art, Einrichtung oder
Lage des Betriebes der besonderen Regelung bedürftigen Unternehmungen
Ausnahmen zu gewähren (5 105e Abf- 1).
b)) Daneben hat jeder Triebwerksbesiger die Möglichkeit, für seinen Betrieb
in einem nach den Vorschriften der 5§ 20 und 21 der Gewerbeordnung
sich regelnden Verfahren besondere Ausnahmen zu erwirken (5 1050
Abs. 2) (s. 5 2 des Gesetzes vom 25. Juni 1892. Ges.-Samml. S. 97).
8. Bei Zulassung der Ausnahmen nach § 105e Abs. 1 (vergl. unter vo) ist
zwischen den Windmühlen und den Wassergetreidemühlen einerseits und den übrigen
mit unregelmäßiger Wasserkraft arbeitenden Bektrieben andererseits zu unterscheiden.
9. Der Landrath kann auf Grund der nach Ziffer 4 und 5 vorgenommenen
Prüfung die Beschäftigung von Arbeitern mit Arbeiten, welche nicht an Werktagen
vorgenommen werden können, mit Ausschluß des ersten Weihnachts-, Oster- und
Pfingsltages, gestatten:
a) für die mit unregelmäßiger Wasserkraft arbeitenden Betriebe mit Aus-
nahme der Getreidemählen
an nicht mehr als 12 Sonn= und Festiagen im Jahre,
b) für Windmühlen — im Hinblick auf die jährlich wiederkehrenden
häufigen Unterbrechungen der regelmäßigen werktägigen Arbeitszeit durch
ungünstige Winde — und für Getreidewassermühlen — im Hinblick
auf den Wettbewerb mit den Getreidewindmühlen —
an nicht mehr als 26 Sonn= und Festtagen im Jahre.
Weitergehende Ausnahmen sind nur unter besonderen Umständen und zwar nur
daun zuzulassen, wenn dies mit Rücksicht auf die wirthschaftliche Lage oder sonstige
eigenartige Verhältnisse der in Betracht kommenden Betriebe oder Betriebsarten ge-
boten erscheint.