Die obduzi—
renden Aerzte
und ihre
Pflichten.
Zeit der
Obduktion.
Behandlung
von Leichen,
Fäuluißüber-
gegangen.
12 1896.
Anweisung
für die
Vornahme der gerichtlichen Leichenöffnung.
I. Allgemeine Bestimmungen.
5 1.
Die gerichtliche Leichenöffnung (Obduktion) darf nach den bestehenden Gesetzen
nur von zwei Aerzten, unter welchen sich ein Gerichtsarzt befinden muß, im Beisein
des Richters vorgenommen werden.
Die Obduzenten haben die Pflichten gerichtlicher Sachverständigen.
Wenn über die technische Ausführung der Obduktion Zweifel entstehen, so ent-
scheidet der Gerichtsarzt, vorbehaltlich der Befugniß des anderen Arztes, seine ab-
weichende Ansicht zu Protokoll zu geben.
82.
Obduktionen dürfen in der Regel nicht vor Ablauf von 24 Stunden nach dem
Tode vorgenommen werden. Die bloße Besichtigung einer Leiche kann früher geschehen.
83.
Wegen vorhandener Fäulniß dürfen Obduktionen in der Regel nicht unterlassen
und von den gerichtlichen Aerzten nicht abgelehnt werden. Denn selbst bei einem
hohen Grade der Fäulniß können Abnormitäten und Verletzungen der Knochen noch
ermittelt; manche, die noch zweifelhaft gebliebene Identität der Leiche betreffende
Momente, z. B. Farbe und Beschaffenheit der Haare, Mangel von Gliedmaßen
u. s. w., festgestellt, eingedrungene fremde Körper aufgefunden, Schwangerschaften
entdeckt und Vergiftungen noch nachgewiesen werden. Es haben deshalb auch die
Aerzte, wenn es sich zur Ermittelung derartiger Momente um die Wiederausgrabung
einer Leiche handelt, für dieselbe zu stimmen, ohne Rücksicht auf die seit dem Tode
verstrichene Zeit.