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Gleichzeitig folgert v. Seydel aus den Worten des
Bundeskommissars, daß der Gedanke an eine eigene Ent-
scheidung des Bundesrats vollständig ausgeschlossen ge-
wesen sei; denn hätte der Bundesrat dieses Recht der Selbst-
entscheidung, dann könnte er auch gar nicht in die Unmög-
lichkeit versetzt werden, eine solche Angelegenheit „zu be-
friedigender Lösung zu bringen“ *).
M. E. sagen jedoch die Worte v. Savignys nichts
anderes, als daß der Bundesrat zunächst einmal versuchen
würde, auf gütlichem Wege die Differenzen auszugleichen
und erst bei einem fehlgeschlagenen Versuch die Bestim-
mung treffen solle, wie der Streit jetzt zu erledigen sei, wo-
bei nichts im Wege steht, daß der Bundesrat selbst durch
Spruch die Angelegenheit erledigt. Außerdem spricht auch
das Wort „vorzugsweise“ in der Erklärung v. Saviıgnys
gegen die Ausführung v. Seydels. Denn gerade dadurch
behält sich ja der Bundesrat das Recht vor, den Streit ander-
weitig zu erledigen, wozu natürlich eine Selbstentscheidung
zu zählen ist. In diesem Sinne wurden auch die Worte
v. Savignys im verfassungsberatenden Reichstage ver-
standen ?).
Auch die Äußerungen des hessischen und des hambur-
gischen Bevollmächtigten ?) geben v. Seydel noch keine
Berechtigung, anzunehmen, daß dem Bundesrat das Recht
der Selbstentscheidung fehle.
Ersterer führte aus: „Zu Artikel 68 des Entwurfs ®)
geht die Großherzogliche Regierung von der Ansicht aus.
3) v. Seydel, Kommentar S. 405.
4) cf. Bezold, Materialien II S. 598.
5) Im Schlußprotokoll der Verfassungsberatung vom 7. Febr.
1867.
6) Der Art. 68 des Preußischen Entwurfs entspricht dem
Art. 70 der Vorlage der verbündeten Regierungen an den ver-
fassungsberatenden Reichstag und dem Art. 76 der Reichsver-
fassung.