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gefährden könnte. Diese Unterlassungspflichten sind zwar
in der Reichsverfassung nicht besonders erwähnt, ergeben
sich aber aus dem Deutschen Reich als Bundesstaat.
Einer Verletzung der Bundespflichten auf (dem Gebiete
der Gesetzgebung kann sich ein Bundesstaat z. B. dadurch
schuldig machen, daß er es unterläßt, die zur Durchführung
von Reichsgesetzen erforderlichen Landesgesetze zu er-
lassen, oder aber auch, wenn er Landesgesetze bestehen läßt.
die mit Reichsgesetzen in Widerspruch stehen.
Noch mehr Gelegenheit, seinen Pflichten nicht nach-
zukommen, ist einem Bundesstaate auf dem Gebiete der Ver-
waltung geboten. So liegt eine Pflichtverletzung dann vor,
wenn ein Bundesstaat mit auswärtigen Mächten Verträge
abschließt, die sich gegen das Reich in seiner verfassungs-
mäßigen Form richten, oder wenn er den zwischenstaatlichen
Frieden stört.
Auf dem Gebiete der inneren Verwaltung liegt eine Ver-
letzung der verfassungsmäßigen Bundespflichten dann vor,
wenn der Bundesstaat sich weigert, die geschukdeten Matri-
kularbeiträge zu zahlen; auf dem Gebiete des Militärwesens
dann, wenn der Bundesstaat es unterläßt, das Landes-
kontingent auf der gesetzlichen Höhe zu erhalten oder aber
die auf Grund des Art. 63III festgestellten Mängel zu be-
seitigen.
Endlich kann noch auf dem Gebiete der Rechtsprechung
ein Bundesstaat seine verfassungsmäßigen Pflichten vernach-
lässigen! Doch kann von einer Verletzung der Bundes-
pflichten insoweit nicht 'die Rede sein, als es bei der Unab-
hängigkeit der Gerichte den Landesbehörden unmöglich ist,
einzugreifen, falls die Landesgerichte solche Landesgesetze
anwenden, die der Reichsverfassung widersprechen. Nur
wenn zZ. B. die Larfdesregierung im Wege der Dienstaufsicht
die Möglichkeit hätte, die Anwendung der zu Unrecht er-
gangenen Landesgesetze zu verhindern, es aber trotzdem