106 86.
nahme von Briefen und Papieren, sind nur in den gesetzlich
bestimmten Fällen und Formen gestattet.“
a) Der Satz Labands (Bd. IV S. 44), daß an Stelle dieser
Artikel die Vorschriften im I. Buch 8. und 9. Abschnitt St. P. O.
(& 94ff. Beschlagnahmen und Durchsuchungen, 8 112ff. Ver-
haftungen und vorläufige Festnahme) getreten sind, ist in dieser
Allgemeinheit nicht zutreffend. Die Ausführungsgesetze zu diesen
beiden Artikeln waren in Preußen die beiden Gesetze vom 12. 2.
1850 zum Schutz der persönlichen Freiheit und betreffend die
Stellung unter Polizeiaufsicht. Diese Gesetze sind, soweit sie die
Beschränkungen der persönlichen Freiheit im Laufe eines vor
den ordentlichen Gerichten schwebenden Strafverfahrens be-
treffen, durch die genannten Bestimmungen der St. P.O. er-
sett. Daneben enthält aber das Gesetz zum Schutz der per-
sönlichen Freiheit in 88 6 bis 10 Beschränkungen dieser Freiheit
außerhalb des Strafverfahrens. Es läßt nach §# 6 eine polizeiliche
Verwahrungshaft von Personen zum eigenen Schutz oder zur
Aufrechterhaltung der öffentlichen Sittlichkeit, Sicherheit und
Ruhe sowie in & 7 das Eindringen in die Wohnung auf Grund
amtlicher Befugnisse oder eines von einer gesetzlich dazu er-
mächtigten Behörde erteilten Auftrages zu. Eine solche gesetzliche
Ermächtigung ist allgemein der Polizei in § 10 II 17 A.L. R.
gegeben. Polizeiorgane können also behufs Abstellung und
Verhütung polizeiwidriger Zustände den Zutritt zu jeder Wohnung
fordern und erzwingen (so Aaschütz, Verfassungsurkunde für
den preußischen Staat Bd. I S. 146). Diese Bestimmungen
sind durch die St. P. O. nicht berührt, also noch heute in Geltung.
Ahnliche Bestimmungen finden sich in den Gesetzen einer Reihe
anderer Bundesstaaten (vgl. hierüber G. Meyer, Lehrbuch des
deutschen Staatsrechts, 6. Aufl., S. 802 und für Baden Nikolai
S. 31). Es fragt sich nun, ob die Bestimmungen der St. P. O.,
soweit sie an Stelle der Ausführungsgesetze der Artikel 5 und 6
getreten sind, überhaupt aufhebbar sind. Dies scheint Laband a. a.O.
anzunehmen, wenn er fortfährt: „Die Erklärung der Suspension
wird sich daher eintretendenfalls auf diese Reichsgesetze zu er-