Full text: Das Gesetz über den Belagerungszustand nebst Abänderungsgesetz unter Berücksichtigung des Bayerischen Gesetzes über den Kriegszustand. (122)

Die einzelnen aufhebbaren Artilel. 109 
Die Einführung des Paßzwanges für den Fall, daß „die 
Sicherheit des Bundesgebietes oder eines einzelnen Bundes- 
staates durch Krieg, innere Unruhen oder sonstige Ereignisse 
bedroht erscheint“, ist durch § 9 Gesetz über das Paßwesen dem 
Bundespräsidium vorbehalten. Diese Bestimmung wird auch 
durch Außerkraftsetzung des Artikel 5 nicht aufgehoben, da sie 
dieselben Voraussetzungen, wie die Erklärung des Kriegszustandes 
hat und daher auch für diesen eine Sonderbestimmung enthält, 
die durch das B. Z. G. nicht berührt wird. Heute ist durch kaiser- 
liche Verordnung vom 31. 7. 1914 (R. G. Bl. S. 264) der Paß- 
zwang für Ausländer eingeführt. 
„Aber auch bei Außerkraftsetzung des Artikel 5 kann der 
Militärbefehlshaber Bestrafungen nicht ohne gerichtliches uUrteil 
vollstrecken oder andere Strafen, als die in den Gesetzen vor- 
gesehenen einführen. Dem steht schon der nicht aufhebbare 
Artikel 8 der Verf. Urk. entgegen. Mit Recht lehnt daher Frank 
(Leipz. 3G. 1915 S. 3ff.) und Szymanski S. 18 den Vorschlag 
von Anschütz (D. Str. 3. 1914 S. 457) ab, Frauen, die in un- 
zulässiger Weise mit Gefangenen verkehren, auf dem Markt 
auszustellen. Auch bei Aufhebung des Artikel 5 ist dies nicht 
möglich; denn das ist nicht Einschränkung der persönlichen Frei- 
heit, sondern eine Strafe. Ebensowenig ist eine Erhöhung von 
Strafen zulässig. Der Militärbefehlshaber kann daher in einer 
Verordnung, durch die er den Aufenthalt gewisser Personen 
in seinem Bezirk verbietet, nicht Geldstrafe bis zu 1000 Mark 
oder entsprechende Haftstrafe gegen Zuwiderhandlungen an- 
drohen. 
Jpc) Vielfach ist die Frage erörtert worden, ob auf Grund 
der Außerkraftsetzung des Artikels 6, die außerhalb des Straf- 
verfahrens eine schrankenlose Beschlagnahme von Briefen er- 
möglicht, die Einführung der sogenannten Briefzensur gegen- 
über der Zivilbevölkerung und gegenüber Inlandsbriefen zu- 
lässig ist. Eine solche Zensur würde eine Beschlagnahme von 
Briefen und anderen Postsendungen auf der Postanstalt, ihre 
Offnung und Durchsicht voraussetzen. Dabei ist zu beachten,
	        
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