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keit. Daß aber auch der Kaiser, der jetzt für die Erklärung des
Kriegszustandes zuständig ist, dieses Recht hat, folgt aus der
obigen Erörterung, daß es auch dem den Kriegszustand Er-
klärenden zusteht. Insofern hat Haldy also recht, wenn er sagt,
daß der M. B. die Befugnis zur Euspension aus dem Gesetz
selbst schöpft. Auch der III. Senat des Reichsgerichts hat sich
neuerdings in einem Urteile vom 29. 11. 1915 (Leipz. Z. 1916
S. 2315, Recht 1916 S. 76 Nr. 104) auf diesen Standpunkt
gestellt, wenn er ausführt, daß der M. B. das Recht zur Suspension
kraft der ihm durch das Gesetz unmittelbar eingeräumten Be-
fugnis habe. Allerdings wird diese Außerung wieder durch
ein Urteil desselben Senats vom 24. 1. 1916 (Recht 1916 S. 135
Nr. 223) abgeschwächt, das wieder, wie das oben erwähnte
Urteil vom 12. 7. 1915, das Recht des M. B. aus §+ 4 B. Z. G.
ableitet.
Eine Delegation des Rechts aus §5 5 auf weitere M. B.
ist ebenso wie für den landesrechtlichen Belagerungszustand
auch für den reichsrechtlichen Kriegszustand nicht zulässig (ebenso
Szymanski S. 17, Dietz, Taschenbuch Bd. II S. 148).
IV. Zeit und Form der Aufhebung und deren Bekannt-
machung.
1. Die Aufhebung der Verfassungsartikel kann während
des Kriegszustandes jederzeit erfolgen. Sie ist nicht an die Zeit
der Erklärung des Kriegszustandes gebunden. Wie schon zu III
erwähnt, sind die Worte „bei Erklärung des Belagerungs-
zustandes“ nicht im Sinne einer Zeitangabe auszulegen. Dies
folgt aus dem Schlußpassus des Absatz 1, wonach die Aufhebung
auch in einer besonderen Verordnung bekannt gemacht werden
kann (ebenso Haldy a. a. O., Olshausen a. a. O. S. 502).
2. In die „Verordnung", die die Aufhebung verfügt, sind
diejenigen Bestimmungen aufzunehmen, die aufgehoben werden
sollen. Dies schreibt §& 5 vor, wenn es heißt: „Die Bestimmungen
hierüber müssen ... ausdrücklich aufgenommen werden.“
Denn da der § 5 die Wahl stellt, alle aufgeführten oder einzelne
Artikel aufzuheben, muß die Bevölkerung, an die sich die Ver-