Full text: Das Gesetz über den Belagerungszustand nebst Abänderungsgesetz unter Berücksichtigung des Bayerischen Gesetzes über den Kriegszustand. (122)

122 8 6. 
keit. Daß aber auch der Kaiser, der jetzt für die Erklärung des 
Kriegszustandes zuständig ist, dieses Recht hat, folgt aus der 
obigen Erörterung, daß es auch dem den Kriegszustand Er- 
klärenden zusteht. Insofern hat Haldy also recht, wenn er sagt, 
daß der M. B. die Befugnis zur Euspension aus dem Gesetz 
selbst schöpft. Auch der III. Senat des Reichsgerichts hat sich 
neuerdings in einem Urteile vom 29. 11. 1915 (Leipz. Z. 1916 
S. 2315, Recht 1916 S. 76 Nr. 104) auf diesen Standpunkt 
gestellt, wenn er ausführt, daß der M. B. das Recht zur Suspension 
kraft der ihm durch das Gesetz unmittelbar eingeräumten Be- 
fugnis habe. Allerdings wird diese Außerung wieder durch 
ein Urteil desselben Senats vom 24. 1. 1916 (Recht 1916 S. 135 
Nr. 223) abgeschwächt, das wieder, wie das oben erwähnte 
Urteil vom 12. 7. 1915, das Recht des M. B. aus §+ 4 B. Z. G. 
ableitet. 
Eine Delegation des Rechts aus §5 5 auf weitere M. B. 
ist ebenso wie für den landesrechtlichen Belagerungszustand 
auch für den reichsrechtlichen Kriegszustand nicht zulässig (ebenso 
Szymanski S. 17, Dietz, Taschenbuch Bd. II S. 148). 
IV. Zeit und Form der Aufhebung und deren Bekannt- 
machung. 
1. Die Aufhebung der Verfassungsartikel kann während 
des Kriegszustandes jederzeit erfolgen. Sie ist nicht an die Zeit 
der Erklärung des Kriegszustandes gebunden. Wie schon zu III 
erwähnt, sind die Worte „bei Erklärung des Belagerungs- 
zustandes“ nicht im Sinne einer Zeitangabe auszulegen. Dies 
folgt aus dem Schlußpassus des Absatz 1, wonach die Aufhebung 
auch in einer besonderen Verordnung bekannt gemacht werden 
kann (ebenso Haldy a. a. O., Olshausen a. a. O. S. 502). 
2. In die „Verordnung", die die Aufhebung verfügt, sind 
diejenigen Bestimmungen aufzunehmen, die aufgehoben werden 
sollen. Dies schreibt §& 5 vor, wenn es heißt: „Die Bestimmungen 
hierüber müssen ... ausdrücklich aufgenommen werden.“ 
Denn da der § 5 die Wahl stellt, alle aufgeführten oder einzelne 
Artikel aufzuheben, muß die Bevölkerung, an die sich die Ver-
	        
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