Full text: Das Gesetz über den Belagerungszustand nebst Abänderungsgesetz unter Berücksichtigung des Bayerischen Gesetzes über den Kriegszustand. (122)

Buchstabe a. Falsche Gerüchte. 151 
oder eines nicht geschlossenen Briefes zur Post ein vollendetes 
Ausstreuen oder Verbreiten, nicht bloß einen straflosen Ver- 
such gesehen, wenn das Schriftstück auch nur in die Hände des 
überwachenden Beamten gerät und von diesem sofort beschlag- 
nahmt wird (R. G. F. S. vom 12. 8. 1915, Leipz. Z. 1915 S. 13117, 
Recht 1915 S. 517 Nr. 848). Zu eng ist es aber, wenn Stenglein 
Note 7 und Ebermayer Note 6 zu § 9 zur Bollendung neben 
der Mitteilung an eine andere Person das Bewußtsein des 
Täters verlangen, daß hierdurch auch weitere Personen Kenntnis 
erhalten würden, und daher vertrauliche Mitteilungen aus- 
schließen. Gerade die Personen, die das Gesetz treffen wilt, 
würden dann häufig straflos ausgehen, denn sie würden sich mit 
Vorliebe der vertraulichen Mitteilung bedienen. Es kann viel- 
mehr nur gefordert werden, daß der Täter nach Art und Form 
der Mitteilung oder mit Rücksicht auf die Person, an die die Mit- 
teilung ergeht, mit der Möglichkeit rechnen muß, daß auch noch 
andere Personen von seiner Behauptung Kenntnis erlangen. 
Auch vertrauliche Mitteilungen können daher strafbar sein, 
wenn der Mitteilende sich sagen muß, daß der andere die Ver- 
traulichkeit nicht wahren wird. 
Aus der vom Gesetz geforderten Geeignetheit zur Irre- 
führung von Behörden ist nicht zu folgern, wie Stenglein und 
Ebermayer hervorheben, daß die Mitteilung direkt an eine amt- 
liche Person gerichtet sein muß; denn von einem verbreiteten 
Gerücht kann die Behörde auch auf einem anderen Wege 
Kenntnis erlangen. 
Das Ausstreuen oder Verbreiten kann auch durch die Presse 
erfolgen. Verstößt es dann auch gegen # 10 Gesetz vom 3. 6. 
1914, so erfolgt Bestrafung nur aus diesem schwereren Gesetz, 
nicht aus § 9. Es liegt nicht Idealkonkurrenz vor, wie Stenglein 
und Ebermayer hinsichtlich des § 15 des Preßgesetzes annehmen. 
Die Mitteilung braucht der Form nach nicht eine positive Be- 
hauptung zu sein, sie kann auch in Ausdrücke wie „es soll, ich habe 
gehört“ gekleidet werden. Auch Ausdrücke des Zweifels hin- 
sichtlich der Wahrheit bei der Mitteilung machen nicht straflos
	        
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