Buchstabe a. Falsche Gerüchte. 151
oder eines nicht geschlossenen Briefes zur Post ein vollendetes
Ausstreuen oder Verbreiten, nicht bloß einen straflosen Ver-
such gesehen, wenn das Schriftstück auch nur in die Hände des
überwachenden Beamten gerät und von diesem sofort beschlag-
nahmt wird (R. G. F. S. vom 12. 8. 1915, Leipz. Z. 1915 S. 13117,
Recht 1915 S. 517 Nr. 848). Zu eng ist es aber, wenn Stenglein
Note 7 und Ebermayer Note 6 zu § 9 zur Bollendung neben
der Mitteilung an eine andere Person das Bewußtsein des
Täters verlangen, daß hierdurch auch weitere Personen Kenntnis
erhalten würden, und daher vertrauliche Mitteilungen aus-
schließen. Gerade die Personen, die das Gesetz treffen wilt,
würden dann häufig straflos ausgehen, denn sie würden sich mit
Vorliebe der vertraulichen Mitteilung bedienen. Es kann viel-
mehr nur gefordert werden, daß der Täter nach Art und Form
der Mitteilung oder mit Rücksicht auf die Person, an die die Mit-
teilung ergeht, mit der Möglichkeit rechnen muß, daß auch noch
andere Personen von seiner Behauptung Kenntnis erlangen.
Auch vertrauliche Mitteilungen können daher strafbar sein,
wenn der Mitteilende sich sagen muß, daß der andere die Ver-
traulichkeit nicht wahren wird.
Aus der vom Gesetz geforderten Geeignetheit zur Irre-
führung von Behörden ist nicht zu folgern, wie Stenglein und
Ebermayer hervorheben, daß die Mitteilung direkt an eine amt-
liche Person gerichtet sein muß; denn von einem verbreiteten
Gerücht kann die Behörde auch auf einem anderen Wege
Kenntnis erlangen.
Das Ausstreuen oder Verbreiten kann auch durch die Presse
erfolgen. Verstößt es dann auch gegen # 10 Gesetz vom 3. 6.
1914, so erfolgt Bestrafung nur aus diesem schwereren Gesetz,
nicht aus § 9. Es liegt nicht Idealkonkurrenz vor, wie Stenglein
und Ebermayer hinsichtlich des § 15 des Preßgesetzes annehmen.
Die Mitteilung braucht der Form nach nicht eine positive Be-
hauptung zu sein, sie kann auch in Ausdrücke wie „es soll, ich habe
gehört“ gekleidet werden. Auch Ausdrücke des Zweifels hin-
sichtlich der Wahrheit bei der Mitteilung machen nicht straflos