Full text: Das Gesetz über den Belagerungszustand nebst Abänderungsgesetz unter Berücksichtigung des Bayerischen Gesetzes über den Kriegszustand. (122)

176 89 und Abänderungsgesetz vom 11. Dezember 1915. 
man dies annehmen, so wäre der 86 überflüssig gewesen. . Anschütz 
bestreitet dies und meint, daß, wenn von dem Rechte des 5 5 
Gebrauch gemacht werde, Beschränkungen der dort genannten 
Grundrechte ganz diskretionär und ohne Möglichkeit einer richter- 
lichen Nachprüfung verhängt werden könnten, während eine 
Anordnung aus § 9b ohne die Suspension nur im Interesse 
der öffentlichen Sicherheit erfolgen könne. Kitzinger (Zeitschr. 
f. d. ges. Strafr. Bd. 36 S. 770) führt mit Recht dagegen an, 
daß diese Unterscheidung zu unerheblich sei; denn eine richterliche 
Nachprüfung ist auch, wie Bem. D2 dargelegt werden soll, 
gegenüber den Anordnungen aus §s 9b nicht zulässig, wie denn 
auch schon im Frieden dem Strafrichter eine Nachprüfung der 
Zweckmäßigkeit und Notwendigkeit sicherheitspolizeilicher An- 
ordnungen entzogen ist (vgl. hierzu Kitzinger a. a. O.). M. E. ist 
daher der M.B. an die in der Verfassung gewährleisteten 
Grundrechte auch bei Anordnungen aus § 9 b gebunden, soweit 
sie nicht nach § 5 aufhebbar und aufgehoben sind. Es steht 
dies nicht im Widerspruch mit der oben vertretenen Ansicht, 
daß die Verordnung aus 3 yb keinen verschärften Belagerungs- 
zustand voraussetzt; denn es gibt auch außerhalb des Kreises 
der im & 5 genannten Rechte noch eine Reihe von Anordnungen, 
die der M. B. erlassen kann. 
Es ist auch in der Praxis wohl kaum ein Fall vorgekommen, 
in dem nicht aufhebbare Grundrechte verletzt worden sind. Die 
Beschlagnahmeverfügungen stellen eine solche Verletzung, wie 
dies wohl auch das R.G. angenommen hat, nicht dar. Auch 
das vielfach erlassene Gebot der Ablieferung von Waffen ist kein 
Widerspruch gegen die Unverletzlichkeit des Eigentums; denn 
dieses selbst bleibt völlig erhalten, nur der Besitz der Waffen ist 
verboten. Das Briefgeheimnis ist nicht verletzt worden: man 
hat sich hier vielmehr mit dem schon Bem. II le zu 5 auf- 
geführten Anordnungen geholfen, die keine Verletzung des 
Briefgeheimnisses bedeuten. Etwas anderes ist die Offnung 
von Briefen aus militärischen Gründen, „unter Militärrecht", 
wie es vielfach heißt, in denjenigen Grenzprovinzen, die Kriegs-
	        
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