Full text: Das Gesetz über den Belagerungszustand nebst Abänderungsgesetz unter Berücksichtigung des Bayerischen Gesetzes über den Kriegszustand. (122)

Buchstabe b: Der strafrechtliche Tatbestand. 233 
hut das Bayer Ob. L. G. im Urteil vom 28. 9. 1915 (J. W. 1915 
S. 1271) allerdings zu weitgehend jedes noch so geringe Ver- 
schulden els Fahrlässigkeit bezeichnet. Es müssen auch bei Über- 
tretungen der hier vorliegenden Art die Umstände des einzelnen 
Falles berücksichtigt werden; sie werden ergeben, wie weit die 
Sorgfaltspflicht auszudehnen ist. Dies hat auch das Reichs- 
gericht stets berücksichtigt: so hat es in einem Urteil III vom 
26. 7. 1915 (Leipz. Z. 1915 S. 12199) von Arbeitgebern im Grenz- 
gebiet bei Annahme unbekannter Arbeiter verlangt, daß sie 
sich über die Staatsangehörigkeit vergewissern oder sich bei 
Bedenken mit der Ortspolizeibehörde in Verbindung setzen, 
weil sonst die überwachung der Ausländer in Frage gestellt sei, 
während es in anderen Fällen wieder die Fahrlässigkeit nach den 
Umständen einschränkend auslegt, so z. B. im Urteil IV vom 
12. 11. 1915 (Leipz. S. 1916 S. 1597). 
Jc) Der Versuch einer Zuwiderhandlung ist durch das Gesetz 
nicht unter Strafe gestellt. Jedoch kann die einzelne Anordnung 
des M. B. den Versuch einer Zuwiderhandlung verbieten. In 
diesem Falle ist auch der Versuch strafbar (so auch Szymanski 
S. 15). · 
d) Die Vorschriften des St. G. B. über Notwehr und Not- 
stand finden auch gegenüber den Verboten des M. B. Anwendung: 
so a. o. K.G. Oppeln vom 27. 10. 1914 (Recht 1914 S. 729) be- 
züglich des Verbots des Führens einer Waffe. Dagegen können 
die Vorschriften des B.G. B. über Notstand und Selbsthilfe 
niemals als Entschuldigung dienen; ihnen gegenüber hat die 
Verordnung des M. B. unbedingte und ausschließende Gewalt: 
R.G. V vom 19. 10. 1915 (Pr. Verw. Bl. Bd. 37 S. 72 VIII), 
III vom 8. 11. 1915 (ebenda S. 149 VI). 
e) Wenn man, wie oben, annimmt, daß für die Bekannt- 
machung der Verbote keinerlei Formvorschriften bestehen, dieses 
vielmehr mit der auf irgendeine Weise erfolgten Veröffentlichung 
rechtswirksam wird, so kann sich der Täter nicht darauf berufen, 
daß die Verordnung nicht ordnungsmäßig bekannt gemacht ist; 
es genügt, daß er auf irgendeine Weise von ihr Kenntnis erlangt
	        
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