Die rechtliche Natur der außerordentlichen Kriegsgerichte. 251
Anklage, in der mündlichen Verhandlung auch keine Verlesung
derselben, sondern nur ein mündlicher Vortrag des Bericht-
erstatters, an dessen Rechtsauffassung das Gericht nicht ge-
bunden ist, der Mangel der Möglichkeit einer Einwirkung aufs
die Urteile, mit Ausnahme der auf die schwerste Strafe, die Todes-
strafe erkennenden, eine Ausnahme, die sich dadurch erklärt,
daß man bei dieser Strafe ein notwendiges Korrektiv gegen den
Mangel des Rechtsmittels schaffen mußte. Daß dieses Korrektiv
wieder in die Hand dessen gelegt wurde, der die Gerichte eingesetzt
hatte, war natürlich, ohne daß es auf die rechtliche Natur der
Gerichte einen Schluß zuläßt.
Auch die Entstehungsgeschichte des Gesetzes in der Dar-
stellung von Mehliß, aouf die sich auch Goldschmidt beruft, spricht
in keiner Weise für ihre Ansicht. Diese Darstellung bringt nur
einige Bemerkungen aus der Debatte, die sich auf das Er-
mittelungsverfahren beziehen und nach denen die Regierung
der Ansicht war, daß der M. B. die Sache vorzubereiten habe,
bis sie dem a. o. K. G. zur Aburteilung vorgelegt werden könne
(vel. hierüber auch Bem. III 6 zu 5 10). Selbst wenn man diesen
Außerungen vollen Wert beimißt, läßt sich nicht viel mehr daraus
herleiten, als daß der M. B. durch den Berichterstatter eine rein
vorbereitende Tätigkeit haben solle, die aber nicht etwa mit einer
dem Willen des M. B. entsprechenden Anklageverfügung ihr
Ende findet. Unzutreffend ist es aber, wenn Mehliß daraus
folgert, daß es die Absicht des Gesetzes gewesen sei, das ordent-
liche Kriegsgerichtsverfahren mit den im Gesetz vorgesehenen
Anderungen beizubehalten, und wenn er weiter sagt, die dem
M. B. zustehende Befugnis — wohl nach Aufhebung des Artikel 7—,
nach seinem Ermessen alle vor die ordentlichen Gerichte gehörenden
Untersuchungen diesen zu entziehen und der Militärgerichts-
barkeit zu unterwerfen, habe man dadurch beschränken wollen,
daß man die Zuständigkeit des a.. K. G. beschränkt habe; man
habe ferner durch die Teilnahme bürgerlicher Richter und durch
Einführung moderner Grundsätze in das damalige Militär-
strafverfahren eine erhöhte Sicherheit für den Angeklagten