260 Vorbemerkung vor §8 10—15.
des Gesetzes ist — darin wird man Goldschmidt und auch Mamroth
zustimmen müssen — schnelle und prompte Justiz. Soweit
es gilt, diesen Zweck zu verwirklichen, muß der Richter von
allen beengenden Formen frei sein. Zwingende Grenzen,
die er im Interesse des Angeklagten stets innehalten muß,
gibt ihm nur das B. Z.G. selbst. Aber nur so weit es dieser
Zweck erfordert, kann die Formfreiheit reichen. Denn wenn
auch das Gesetz keinen ausdrücklichen Hinweis auf die Ergänzung
durch andere Gesetze enthält, so ist doch seine Lückenhaftigkeit
offenbar gewollt; es wollte keine erschöpfende Regelung des
Verfahrens treffen und sollte anderweitig ergänzt werden.
Eine Ergänzung durch das freie Belieben des Richters, soweit
es nicht der Zweck des Verfahrens notwendig macht, kann aber
nicht in der Absicht des Gesetzes liegen, das im Verhältnis zu dem
zur Zeit seiner Abfassung geltenden Recht erhöhte Garantien
für den Angeklagten schuf. Es würde, wenn es eine reine Willkür-
herrschaft des Richters gewollt hätte, dem Angeklagten das wieder
genommen haben, was es ihm gegeben hatte. Die Ergänzung
seiner Vorschriften ist daher nur aus den sonstigen Prozeß-
gesetzen möglich. Es kann sich nur fragen, ob diese Gesetze die
zur Zeit der Abfassung des B. Z. G. geltenden oder die heutigen
sind. Die ersteren heranzuziehen, dafür besteht, abgesehen davon,
daß es unpraktisch wäre, kein Grund, gerade weil das B. Z. G.
nicht auf bestimmte Gesetze verweist. Dieser Mangel ermöglicht
es, wenn das B. Z. G. die zur Zeit seiner Abfassung geltenden
Gesetze überdauert, die jeweils bei seiner Anwendung bestehenden
Gesetze anzuwenden, ohne dabei gegen juristische Grundsätze
zu verstoßen. Daß dies St. P. O. und G. V. G. sein können und
daß aus ihren Vorschriften die Unmöglichkeit ihrer Anwendung
nicht herzuleiten ist, haben Stenglein und Goldschmidt zutreffend
begründet. Es muß daher zu dem oben ausgesprochenen Grund-
satz noch folgender Satz ergänzend hinzutreten: Läßt sich der
Zweck des Verfahrens mit der Einhaltung von Formen ver-
einigen, so hat auch das a. uo. K.G. die Vorschriften der St. P.O.
und des G. V.G. zu beachten, soweit letzteres nicht allein