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Goldschmidt S. 9. Anderer Ansicht ist Arndt (Zeitschr. f. d. ges.
Strafr. Bd. 22 S. 385), der eine Delegation für zulässig hält,
weil die Reichsverfassung die Unzulässigkeit nicht ausdrücklich
hervorhebt. Er beruft sich für seine Ansicht auf die Praxis von
1870 und später, verkennt aber dabei, daß es sich in den Fällen,
die er im Auge hat, stets um einen landesrechtlichen Bel. Zust.
gehandelt hat. Mit Recht kann ihm mit Haenel a. a. O. entgegen-
gehalten werden, daß eine so tief in die Rechtsstellung der Einzel-
staaten eingreifende Befugnis nicht übertragbar sein kann. Auch
die Reichsregierung steht wohl auf dem hier vertretenen Stand-
punkt; denn sonst wäre, worauf Goldschmidt a. a. O. hinweist,
der Erlaß des Gesetzes vom 30. 5. 1892 über die Vorbereitung
des Kriegszustandes in Elsaß--Lothringen (R. G. Bl. S. 667)
nicht für erforderlich gehalten worden. Eine Ausnahme hiervon
stellt auch — wegen der staatsrechtlichen Stellung der Schutz-
gebiete — nicht die Kaiserl. Verordnung vom 1. 8. 1914 über
den Ausnahmezustand in den Schutzgebieten Afrikas und der
Südsee (R. G. Bl. S. 376) dar, durch die dem Gouverneur das
Recht zur Verhängung eines Ausnahmezustandes über das
Schutzgebiet oder einen Teil desselben nach Ausbruch eines
Krieges, Aufstandes oder Aufruhrs oder bei unmittelbar drohender
Gefahr eines solchen übertragen wird.
2. Eine andere Frage ist, ob neben dem Kaiser auch die
Bundesfürsten bzw. die gesetzlich bestimmten Organe für ihr
Gebiet zur Verhängung des Belagerungszustandes befugt sind,
soweit eine solche Verhängung landesgesetzlich vorgesehen ist,
m. a. W.: sind die landesgesetzlichen Borschriften über den
Belagerungszustand durch die Reichsverfassung, insbesondere
Art. 68 beseitigt oder gelten sie fort? Ist ein landesrechtlicher
Belagerungszustand noch möglich? Praktisch kann diese Frage
im Frieden im Falle eines Aufruhrs gelegentlich eines Streiks
oder auch bei Kriegsgefahr werden, wenn der Kaiser infolge
Abwesenheit oder aus sonstigen Gründen an der Ausübung
seines Rechts tatsächlich gehindert ist.
· Die Frage hat die Literatur vor 1914 eingehend erörtert;