Full text: Das Gesetz über den Belagerungszustand nebst Abänderungsgesetz unter Berücksichtigung des Bayerischen Gesetzes über den Kriegszustand. (122)

Sachliche Zuständigkeit. 283 
sie sprechen, nach Lage des Gesetzes nicht halten. Zunächst muß 
die Absorptionstheorie in der Form, wie sie Hertel vertritt, 
abgelehnt werden. Nicht das Delikt gegen das mildere Gesetz 
geht in dem schwereren unter, sondern nur die Strafe des milderen 
Gesetzes; muß voch der Richter bei der Strafzumessung aus dem 
schwereren Gesetz auch das nach dem milderen Gesetz zi bestrafende 
Delikt als „strafmehrenden Zumessungsgrund“ berücksichtigen 
(so Olshausen Note 23 und 34 zu § 73 St. G. B.). Gegen die An- 
sicht Hertels spricht aber vor allem der Sondercharakter des 
a. ö. K. G.: wie ihm keines von den Delikten entzogen werden 
darf, für die # 10 seine ausschließliche Zuständigkeit begründet, 
so können auch nicht auf dem Umwege über die Idealkonkurrenz 
weitere Delikte ihm zur Abrrteilung übergeben werden. Denn 
#10 regelt die Zuständigkeit unter Ausschluß aller weiteren 
Delikte, wie es die aufzählende Ausdrucksweise ergibt. Der 
Grundsatz „ne bis in idem“ wird auch bei der richtigen Agsicht 
nicht verletzt. Er bleibt materiell in Kraft; nur formell wird er 
durch die zwei Urteile aufgehoben. 
Wie praktisch in dem Falle, daß zwei Urteile ergehen, der 
Vorschrift des §& 73 St. G. B. Genüge getan wird, sagt das Reichs- 
gericht zutreffend in der ersten der oben erwähnten Entscheidungen: 
erweist sich unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden 
Umstände die vom ersten Urteil ausgesprochene Strafe als aus- 
reichende Sühne für beide Delikte, so bewendet es hierbei — es 
ist also im zweiten Urteil nur auszusprechen, daß der Angeklagte 
auch des zweiten Deliktes schuldig ist —, anderenfalls ist die zuerst 
erkannte Strafe auf die des anderen urteiles anzurechnen. 
Eine Bindung des zweiten Urteils an das erste tritt also auch 
dann nicht ein, wenn das zweite Urteil nur über das aus dem 
milderen Gesetz zu bestrafende Delikt zu richten hat. Auch bei 
diesem kann der Richter frei erwägen, ob er die vom ersten Urteil 
aus dem schwereren Strafgesetz verhängte Strafe für ausreichend 
zur Abgeltung beider Delikte hält (a. A. Goldschmidt, der, wenn 
das zweite Urteil aus dem milderen Gesetz zu erlassen ist, stets 
mur einen Schuldspruch zulassen will). Hat also das erste Urteil
	        
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