Organe der Erklärung des Kriegszustandes. 31
daß das Recht zur Erklärung des Kr. Zust. auf das innigste mit
dem kaiserlichen Oberbefehl verknüpft sei.
Gegen diese Lehre lassen sich aber erhebliche Bedenken
geltend machen, die auch in der Literatur erhoben sind, so von
Meyer (Annalen 1880 S. 347 ff.), Leoni S. 50, Bücher S. 38 ff.,
Nikolai S. 52ff. und neuerdings von Olshausen (Goltd. Arch.
Bd. 61 S. 496) und Goldschmidt S. 3ff. Es erscheint zunächst
nicht einleuchtend, inwiefern die Landesgesetze durch Art. 68
R. Verf. beseitigt sein sollen, und inwiefern die Befugnis des
Kaisers aus Art. 68 eine ausschließliche sein soll. Weder Wortlaut
noch Sinn dieser Bestimmung stehen der insbesondere von Meyer
(#. a. O.) und Bücher (S. 38) vertretenen Auffassung entgegen,
daß die Landesgesetze fortbestehen, solange nicht eine ausdrück-
liche Aufhebung erfolgt ist.
Was nun den ersten Punkt der Ansicht Labands und die
Haenels anbetrifft, so erscheint es durchaus zweifelhaft, ob der
Kr. Zust. bzw. Bel. Zust. eine rein militärische Einrichtung
und das Recht zur Erklärung desselben ein Ausfluß des kaiser-
lichen Oberbefehls ist. Laband (a. a. O. S. 40 bzw. 43) gibt selbst
zu, daß „die dem Kaiser in Art. 68 R. Verf. eingeräumte Macht-
vollkommenheit weit über die Grenzen hinausreicht, die dem
Militärbefehl an sich gezogen sind.“ Damit entzieht er aber
m. E. seiner eigenen Lehre einen Stützpfeiler. Eine juristische
Konstruktion, die einem Recht größere Befugnisse zuweist, als
seine gesetzliche Grundlage gestattet, erscheint wohl nicht recht
haltbar; jedenfalls nötigt sie dazu, auch noch nach anderen Quellen
Umschau zu halten, die diese Vergrößerung rechtfertigen. Aber
auch die Begründung Labands beruht allzusehr auf Außerlich-
keiten, auf die ausschlaggebendes Gewicht zu legen gerade
bei der Reichsverfassung nicht so angebracht ist wie bei unseren
großen Gesetzbüchern des Privatrechts, die auf einer jahrelangen
Durcharbeitung beruhen. Die Stellung des Art. 68 R. Verf.
und der Gebrauch des Wortes „Bundesfeldherr“ in der ur-
sprünglichen Fassung hängen wohl lediglich damit zusammen,
daß man nur an den weitaus häufigeren Fall der Verhängung