Full text: Das Gesetz über den Belagerungszustand nebst Abänderungsgesetz unter Berücksichtigung des Bayerischen Gesetzes über den Kriegszustand. (122)

42 88 1, 2. 
darüber, ob auch im Fall des Aufruhrs eine Bedrohung des 
betr. Gebiets erforderlich ist, wie nach § 1. Eine analoge An- 
wendung des § 1 erscheint weder notwendig noch zweckmäßig 
(so auch Haldy S. 55). Daraus ergibt sich die Folgerung, daß 
neben dem eigentlichen Aufruhrgebiet auch diejenigen Distrikte 
in Kr. Zust. erklärt werden können, die vom Aufruhr noch nicht 
unmittelbar bedroht sind. 
Eine Erklärung des Kr. Zust. durch den Kaiser wird im Falle 
des Aufruhrs stets die ultima ratio bilden, wenn die Macht 
des Einzelstaates versagt. Daher sagt auch die Vorschrift über 
Waff. Gebr. Ziff. 2, daß die kaiserliche Erklärung nur dann in 
Frage käme, wenn die Landesgesetze über den Ausnahmezustand 
nicht für ausreichend erachtet werden. Man wird hinzusetzen 
müssen: auch dann, wenn dies zwar der Fall, aber der Aufruhr 
solche Gewalt angenommen hat, daß eine Heranziehung weiterer 
Truppen, als in dem Bundesstaat stehen, notwendig wird. 
4. Über das Vorliegen der Voraussetzungen entscheidet 
für den reichsrechtlichen Kriegszustand der Kaiser allein nach 
kreiem Ermessen. Weder Bundesrat noch Reichstag haben 
bei Erklärung des Kr. Zust. genehmigend oder beschlußfassend 
mitzuwirken; ebensowenig haben die Landesregierungen ein 
Zustimmungs= oder Widerspruchsrecht so auch Laband S. 41, 
5. Aufl. S. 44, Haldy S. 35). Es folgt dies aus dem Wortlaut 
des Art. 68 R. Verf., ohne daß man, wie Haldy dies in Konsequenz 
seiner Auffassung tut, den kaiserlichen Oberbefehl als den Ursprung 
des Erklärungsrechts zur Auslegung heranziehen muß. 
Der Reichstag hat auch kein Recht auf eine Rechenschafts- 
ablegung; §17 B.Z. G. ist nicht Reichs recht geworden (vgl. Bem. I 
zu § 17). 
Liegen die Voraussetzungen der Erklärung des Kr. Zust. 
vor, so besteht für den Kaiser kein Zwang, die Erklärung aus- 
zusprechen. Art. 68 spricht nur von einem Recht (er „kann“"), 
nicht von einer Pflicht. Der Kaiser kann die Erklärung des Bel. Zust. 
den Landesherren überlassen, was namentlich für den Fall des 
Aufruhrs häufig praktisch werden wird.
	        
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