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zu entnehmen. Klar und einleuchtend begründet dies das Reichs-
gericht (III. Senat) in seinem Urteile vom 14. 1. 1915 (Entsch.
i. Str. Bd. 49 S. 4, auch Leipz. Z. 1915 S. 203ff., D.J.Z. 1915
S. 176 f., D. Str. S. 1915 S. 4ff.): „Das Gesetz über den Be-
lagerungszustand steht in engstem Zusammenhange mit der
Verfassungsurkunde für den preußischen Staat vom 31. 1. 1850
und bildet das Ausführungsgesetz zu deren Artikel 111, wo für
den Fall des Krieges die Möglichkeit einer zeitweiligen Außer-
kraftsetzung gewisser in der Verfassung vorgesehener Rechts-
bürgschaften gewährt wird. Es ist deshalb davon auszugehen,
daß der Ausdruck vollziehende Gewalt nach § 4 B.3. G. im Sinne
des damaligen preußischen Verfassungsrechts zu verstehen ist.“
Die preußische Verfassung spricht von der vollziehenden Gewalt
lediglich in Art. 45:
„Dem König allein steht die vollziehende Gewalt zu.
Er ernennt und entläßt die Minister. Er befiehlt die Ver-
kündigung der Gesetze und erläßt die zu deren Ausführung
nötigen Verordnungen.“
Damit ist eine umfassende Umschreibung der vollziehenden
Gewalt allerdings nicht gegeben. Satz 2 und 3 dieser Bestimmung
geben lediglich einzelne ihrer Bestandteile wieder. Zur Aus-
legung des Begriffes sind daher auch die anderen Verfassungs-
bestimmungen heranzuziehen. Wie der Begriff auf diese Weise
zu gewinnen ist, sagt das Reichsgericht a. a. O.: „Dabei bleibt
zu berücksichtigen, daß die preußische Verfassungsurkunde von
der gesetzgebenden Gewalt in Titel V (Art. 62—85), von der
richterlichen Gewalt in Titel VI (Art. 86—97) handelt. So
gewinnt es Bedeutung, daß in dem „vom König“" überschriebenen
Titel III (Art. 43—59) durch Art. 45 bestimmt wird (folgt der
oben wiedergegebene Wortlaut). Also alles, was nicht dem
Gebiete der richterlichen oder der regelmäßig vom König
und den beiden Kammern gemeinsam ausgeübten gesetz-=
gebenden Gewalt zufällt, gehört in den Bereich der vollziehenden
Gewalt“ (ebenso Haenel S. 437, Stenglein und Ebermayer
Nebengesetze Note 1 zu § 4, Szymanski S. 4, Nikolai S. 21).