Begriff und Umfang der vollziehenden Gewalt. 63
Fürsorge für die äußere und innere Sicherheit des Staates;
ihr lägen daher auch Maßnahmen ob, die durch augenklickliche
oder vorübergehende Umstände oder Bedürfnisse zur Verhütung
oder Vermeidung irgendwelcher der Sicherheit des Staates
drohenden Störungen oder Gefahren notwendig würden, und
die möglicherweise ohne Eingriff in das der Gesetzgebung zu-
gewiesene Gebiet nicht möglich werden könnten; das sei eben das
Notverordnungsrecht. Dem ist aber entgegenzuhalten, daß aus
dem Schweigen der Verfassungen von 1848 und 1849 irgend-
welche zwingenden Schlußfolgerungen nicht zu ziehen sind.
Das in der Verfassung von 1850 neu festgelegte Notverordnungs-
recht ist nach seiner Stellung in der Verfassungsurkunde —
es ist im 5. Titel, der von der gesetzgebenden Gewalt handelt,
enthalten — und seinem ihm durch Art. 63 gegebenen Inhalt
und Voraussetzungen ein außerordentliches Gesetzgebungsrecht
des Königs im Gegensatz zu dem im Art. 62, also kurz vorher
geregelten ordentlichen, dem König und den Kammern gemeinsam
zustehenden Gesetzgebungsrecht. Gerade diese Gegenüberstellung
in zwei aufeinanderfolgenden Artileln stößt auch das weitere
Argument Pelargus' um, daß der Begriff der Gesetzgebung in
der preußischen Verfassung von dem des Gesetzes abhängig sei
und daß dieser mit vollster Deutlichkeit durch das Merkmal des
Zusammenwirkens von König und Kammern bestimmt werde.
Pelargus selbst muß zugeben, daß die Voraussetzungen, unter
denen nach Art. 63 das Notverordnungsrecht des Königs zugelassen
wird, auf das von ihm den Militärbefehlshabern zugesprochene
Notverordnungsrecht teilweise nicht zutreffen können, wie die
Verantwortlichkeit des gesamten Staatsministeriums und die
Abwesenheit der Kammern. Dadurch aber würde der Militär-
befehlshaber, der doch nach Pelargus die Verfassung zu beachten
hat, weit über den König und dessen vollziehende Gewalt gestellt
sein. Eine solche Folgerung ist aber weder durch das B. Z. G.
noch durch die Verfassung begründet. Auch der Hinweis Pelargus“
S. 1188 darauf, daß es unerfindlich sei, was durch einen schlichten
Übergang der Zuständigkeit in Polizei= und Verwaltungssachen