78 64.
Verwaltungsbehörden verschiedene Formvorschriften gelten:
sollte dann der Militärbefehlshaber gezwungen sein, seine Ver-
ordnungen unter Beachtung aller dieser Vorschriften zu erlassen,
die sich vielleicht gar nicht vereinigen lassen, oder sollte er für
jeden einzelnen Teil seines Bezirks, in dem besondere Form-
vorschriften gelten, eine besondere Vorschrift treffen? Dies
dürfte wohl bei der Schnelligkeit, mit der die Anordnungen zu
erlassen sind, kaum möglich sein. Den Standpunkt des Reichs-
gerichts teilen Conrad (Leipz. Z. 1915 S. 471), Menner (J.W.
1916 S. 79), der anonyme Artlkel in Pr. Verw. Bl. Bd. 36 S. 807,
Adam (Pr. Verw. Bl. Bd. 36 S. 502), der aber den Wegfall der
Formvorschriften aus seinem schon abgelehnten Standpunkt er-
klärt, daß der Militärbefehlshaber lediglich seine militärischen
Befugnisse ausübe.
Anderer Ansicht sind Pelargus (Leipz. ZS. 1915 S. 1187),
Siebert (D. Str. 3S. 1915 S. 103), Lifschütz (Zeitschr. f. d. ges.
Strafr. Bd. 36 S. 493). Die beiden ersteren begründen ihren
abweichenden Standpunkt damit, daß der Militärbefehlshaber
als Inhaber der vollziehenden Gewalt an die Gesetze gebunden
sei und daß damit eine Ausnahme hinsichtlich der Formvor-
schriften nicht vereinbar sei. Dem ist aber entgegenzuhalten,
daß die Gebundenheit des Militärbefehlshabers sich nur auf die
sachlichen Schranken der Gesetze beziehen kann, wenn er, wie
oben dargelegt, seine vollziehende Gewalt unmittelbar aus der
Verfassung, nicht aber von den einzelnen Behörden ableitet.
Die für die Ausübung der vollziehenden Gewalt durch diese
gegebenen späteren Vorschriften können ihn daher nicht berühren.
Lisschütz wiederum nimmt an, daß dem Militärbefehlshaber
durch das B. Z. G. nicht eine allgemeine Befugnis zum Erlaß
von Verordnungen übertragen wird, sondern nur die der voll-
ziehenden Gewalt zustehende Macht zum Erlaß von Rechts-
vorschriften; weil die vollziehende Gewalt aber keine gesetzliche
Ermächtigung zum Erlaß formloser Verordnungen habe, so gelte
auch für den Militärbefehlshaber keine Formlosigkeit. Auch
diese Begründung erscheint in keiner Weise durchgreifend. Die