Die Ausübung der vollziehenden Gewalt. 89
aber auch mit Rücksicht auf seine einzigartige Stellung auf die
Zweckmäßigkeit und Notwendigkeit auszudehnen sein. Sie
besteht in einer strafrechtlichen, zivilrechtlichen und disziplinaren
Haftung. Für die strafrechtliche Haftung würden in erster Reihe
die Vorschriften des St. G. B. über Verbrechen und Vergehen
im Amte in Frage kommen: so s§ 339, 341, 345, 357 St. G. B.
Daß der Militärbefehlshaber als Beamter im Sinne dieser
Vorschriften zu gelten hat, dürfte wohl einem Zweifel nicht
unterliegen. Die Verantwortung des Militärbefehlshabers be-
steht lediglich gegenüber seinen militärischen Vorgesetzten. Eine
Verantwortung gegenüber einer Zivilbehörde oder etwa gegen-
über dem Reichstage, wie ein sozialdemokratischer Abgeordneter
im Reichshaushaltsausschuß angenommen hat (vol. Bericht der
Frankfurter Zeitung Nr. 133 vom 14. Mai 1916, zweites Morgen-
blatt), ist aus dem Gesetz, insbesondere aber aus & 17 nicht her-
zuleiten.
Aus der persönlichen Verantwortlichkeit des Militär-
befehlshabers folgt, daß sein Recht aus # 4 ein höchst persönliches
Recht ist und nicht als Ganzes auf eine andere Behörde über-
tragen werden kann (so auch Behmer J.W. 1914 S. 1007,
Damerow I. W. 1915 S. 15). Damit steht die Austragserteilung
hinsichtlich einzelner Anordnungen in dem oben geschilderten
Umfange nicht im Widerspruch.
2. Der Militärbefehlshaber kann aber auch die Ausübung
der vollziehenden Gewalt den bestehenden Zivilbehörden in
vollem Umfange überlassen. Dann tritt eine Anderung hin-
sichtlich der Anordnungen der Zivilbehörden und ihrer Zu-
ständigkeit gegenüber dem Normalzustand nicht ein. Der Militär-
befehlshaber kann auch in diesem Falle einzelne Anordnungen
selbst treffen und insoweit die Zivilbehörden ausschalten. Auch
dann können aber die Zivilbehörden im Rahmen dieser An-
ordnung, soweit dies gesetzlich zulässig ist, weitergehende Fest-
setzungen treffen, die die Anordnung des Militärbefehlshabers
ausführen und nur nicht mit ihr in Widerspruch stehen dürfen:
so O. L.G. Düsseldorf vom 9. 9. 1915 (Leipz. B. 1914 S. 3957).