Die Umgrenzung des Begriffs des Militärbefehlshabers. 91
jeden Kommandanten eines Ortes oder Bezirkes verstehen,
selbstverständlich unter Bestehenbleiben des militärischen Unter-
ordnungsverhältnisses; ebenso auch ohne nähere Begründung
Goldschmidt S. 16 und Cramer (Recht 1915 S. 83), auch Conrad
(Leipz. Z. 1915 S. 466f.), der aber das Recht aus § 4 dem
Garnisonkommandanten einer offenen Stadt nur dann zusprechen
will, wenn sie eine größere Garnison besitzt. Diese letztere Ansicht
vertritt auch, allerdings nicht ganz klar, Menner (J.W. 1916
S. 79). Einer eingehenden Würdigung unterzieht Preiser
(Leipz. Z. 1915 S. 929 ff.) die Frage; er kommt S. 933 auf Grund
der in § 11 gebrauchten Ausdrücke „Militärbefehlshaber, der am
Ort den Befehl führt"“, „kommandierender Militärbefehlshaber“
zu der von ihm so benannten Legaldefinition: „Militärbefehls-
haber ist diejenige militärische Kommandostelle, die an einem
bestimmten Teil des im Kriegszustand befindlichen heimischen
Gebiets der jeweilig höchste Befehlshaber ist,“ oder auf die Praxis
übertragen: Militärbefehlshaber sei außer dem Armeeführer im
heimischen Operationsgebiet, dem stellvertretenden Komman-
dierenden General, dem Festungskommandanten auch der
rangälteste Offizier in einer Ortschaft. Preiser führt außer
der Wortinterpretation auch den Zweck des B. Z. G. als Be-
gründung seiner Ansicht an und weist als Beispiel auf den Militär-
befehlshaber einer abgeschnittenen Ortschaft hin.
Demgegenüber spricht Ehrenberg (D. J.Z. 1915 S. 859 ff.)
die Eigenschaft eines Militärbefehlshabers nur dem Kom-
mandierenden General bzw. seinem Stellvertreter und dem
Festungskommandanten zu. Er folgert dies aus der ungeheuren
Machtfülle, die das Gesetz dem Militärbefehlshaber in die Hand
gibt, aus dem Zweck des Instituts, das die vollziehende Gewalt
von einer Reihe von Inhabern in eine einzige Hand legen will,
aus der Unterordnung auch der höchsten Zivilbehörden, aus der
persönlichen Verantwortlichkeit des Militärbefehlshabers und dem
sich daraus ergebenden Mangel der Delegationsbefugnis: unter
Berücksichtigung aller dieser Momente könne es nicht die Absicht
des Gesetzes gewesen sein, die vollziehende Gewalt und die Be-