Die Umgrenzung des Begriffs des Militärbefehlshabers. 93
S. 6) kurz ausgeführt hatte, daß die vollziehende Gewalt auf den
Kommandierenden General für den Bezirk seines Armeekorps und
auf den Festungskommandanten für die ihm anvertraute Festung
und ihren Rayonbezirk übergegangen sei, hat der IV. Senat
im urteil vom 8. 10. 1915 diesen Standpunkt folgendermaßen
ausführlich begründet: „Unter Militärbefehlshaber ist nur ein
solcher zu verstehen, der nach den Bestimmungen des B. Z. G.
selbst zur Erklärung des Belagerungszustandes berechtigt sein
sollte, also abgesehen von dem hier nicht gegebenen Fall des 5 2
nur der in 3 1 bezeichnete Festungskommandant und Kom-
mandierende General. In ihren Händen sollte die gesamte
vollziehende und militärische Gewalt vereinigt werden; sie
allein waren auch in der Lage, schon bei Erklärung des Be-
lagerungszustandes die in 8 9b vorgesehenen Verbote zu er-
lassen; die außerordentlichen Befugnisse, die ihnen verliehen
waren, rechtfertigten deren Beschränkung auf die obersten
Militärbefehlshaber des in Frage kommenden Bezirkes. Der
Umstand, daß durch die spätere Gesetzgebung (Art. 68 R. Verf.)
diesen Militärbefehlshabern das Recht zur Erklärung des Be-
lagerungszustandes wieder entzogen wurde, ist für die Auslegung
des Gesetzes ohne Belang. Bei der großen Wichtigkeit der ihnen
beigelegten Befugnisse und mit Rücksicht darauf, daß das Gesetz
die Militärbefehlshaber für ihre Anordnungen persönlich ver-
antwortlich macht, ist anzunehmen, daß die ihnen eingeräumten
außerordentlichen Vollmachten dergestalt an ihre Person bzw.
an die ihrer Stellvertreter geknüpft sind, daß sie nur von ihnen
selbst und ihren Stellvertretern ausgeübt werden könnten“
(Entsch. i. Str. Bd. 49 S. 280, D.J. . 15 S. 1232, Leipz. Z.
1915 S. 1584", Recht 1915 S. 612 Nr. 1125, Pr. Verw. Bl.
Bd. 37 S. 263 III). Allerdings billigt das Reichsgericht auch
einem untergeordneten Militärbefehlshaber die Machtvollkommen-
heit aus § 4 und 9b zu, aber es fügt hinzu, daß dies nur in einzelnen
Fällen und unter ganz besonderen Umständen im Wege einer
Stellvertretung möglich sei, wenn z. B. eine Truppe vom Eitz
des Generalkommandos abgeschnitten sei. An diesem Stand-