Die Umgrenzung des Begriffs des Militärbefehlshabers. 95
gemäß nur auf diese einzelne Wirkung beziehen, nicht aber auf
andere, die mit ihnen außer durch die gemeinsame Grundlage
in gar keinem Zusammenhang standen. Daraus folgt weiter,
daß überall, wo das Gesetz vom Militärbefehlshaber ohne Ein-
schränkung spricht, lediglich der in S§ 1 und 2 gegebene Begriff
der maßgebende ist. Daß nur diese Auslegung und nicht die
von Preiser gegebene dem Wesen und Zweck des Belagerungs-
zustandes entspricht, ergibt sich aus der oben angeführten Be-
gründung des Reichsgerichts klar und deutlich. Auch die Aus-
nahme, die das Reichsgericht macht, ist durchaus berechtigt,
wenn man sie in der Weise einschränkt, wie das Reichsgericht
es tut. Der vom Sitz des Generalkommandos abgesch ittene
Militärbefehlshaber übt ja auch militärisch vollkommen die
Befugnisse des Generalkommandos hinsichtlich seiner Truppen
als selbstverständlicher Stellvertreter des Kommandierenden
Generals aus. Es liegt daher kein Grund vor, ihm nicht auch
für den von ihm besetzten Bezirk die dienstliche Vertretung des
Kommondierenden Generals in bezug auf die Zivilbevölkerung
zu übertragen.
Es erübrigt sich nur noch, auf die praktischen Konsequenzen
hinzuweisen, die die hier abgelehnten Ansichten haben würden.
Unter den heutigen Verhältnissen, in denen das ganze Reichs-
gebiet in Kriegszustand erklärt ist, würde das Heer der Inhaber
der vollziehenden Gewalt geradezu unübersehbar sein. Fast
jede kleine Stadt Deutschlands, nam entlich in den Grenzprovinzen,
hat heute seine Garnison, wenn nicht ein ganzes Ersatzbataillon,
so doch ein Rekrutendepot. Jeder Führer ein es Ersatzbataillons
oder selbständigen Rekrutendepots hätte nach der Ansicht Preisers
die vollziehende Gewalt in dem gewaltigen oben dargelegten
Umfange. Ob er damit — mögen seine militärischen Fähigkeiten
noch so hoch zu bewerten sein — wirklich etwas anzufangen
weiß und ob es dann nicht besser gewesen wäre, die in diesen
Dingen doch erfahrenere Ortspolizei mit erweiterten Befugnissen
zu versehen? Schwer zu entscheiden ist auch in diesem Falle
die Frage, wie die örtliche Befugnis abzugrenzen ist: erstreckt