Full text: Gesetzes- und Verordnungs-Blatt für das Großherzogtum Baden. Jahrgang 1902. (34)

XXXI. 327 
Fünfter Abschnitt. 
Von dem Verfahren bei Braudfällen. 
g 36. 
Von jedem Brandfalle ist das Bezirksamt schleunigst in Kenntniß zu setzen, welches, 
wenn nicht dringende außergewöhnliche Verhältnisse es unmöglich, oder die Gefahrlosigkeit und 
Unbedeutendheit des Falles es unnöthig machen, sich unverzüglich auf die Brandstätte zu 
begeben und die Leitung der Löschmaßregeln zu übernehmen hat. 
Innerhalb der ersten sechs Tage nach dem Brande hat das Bezirksamt einen Augenschein 
auf der Brandstätte vorzunehmen und den entstandenen Schaden durch Abschätzung feststellen 
zu lassen. 
Zugleich ist bei dieser Verhandlung eine genaue polizeiliche Untersuchung über die Ent- 
stehung des Feuers, dessen Ausbreitung und den Gang der Löschmaßregeln zu pflegen. 
§ 37. 
Die Abschätzung des Schadens und Berechnung der Entschädigung geschieht durch die im 
§ 16 bezeichneten drei Bauschätzer. 
Wenn das Bezirksamt auf Grund eigener Wahrnehmung oder erhaltener Mittheilungen 
zu der Annahme gelangt, daß der muthmaßliche Schaden den Betrag von dreihundert Mark 
nicht übersteigt, so kann es von der Vornahme eines Augenscheins und der Führung einer 
polizeilichen Untersuchung an Ort und Stelle absehen und mit der Schadensabschätzung Einen 
der Bauschätzer beauftragen. Erweist sich die vorbezeichnete Annahme bei der Abschätzung 
als unzutreffend, so soll gleichwohl eine nachträgliche Abschätzung durch die drei Schätzer nur 
stattfinden, wenn die vorgenommene Schätzung einen Schadensbetrag von wenigstens vierhundert 
Mark ergeben hat. 
g 38. 
Vor geschehener Abschätzung beziehungsweise Revision darf auf der Brandstätte mit Aus- 
nahme der von Seiten der Polizeibehörden aus sicherheitspolizeilichen Gründen oder behufs 
Erkennbarmachung des Umfanges des Schadens angeordneten Abbruch= und Aufräumungs- 
arbeiten keine Veränderung vorgenommen werden. 
Bei eigenmächtiger Veränderung der Brandstätte vor geschehener Abschätzung ist der durch 
diese etwa herbeigeführte Minderwerth von Ueberresten durch die aufgestellten Sachverständigen 
oder andere angemessene Beweismittel festzustellen und von der Entschädigung abzuziehen. 
Gleiches Verfahren tritt ein, wenn durch den Verwaltungsrath der Austalt eine Revision 
der Schadensabschätzung verlangt wird, vor dem Vollzuge derselben aber eine eigenmächtige 
Veränderung stattgefunden hat. 
Durch eine solche, sie mag vor oder nach vollzogener Abschätzung vorgekommen sein, geht 
übrigens dem Beschädigten das Recht auf Revision derselben verloren.
	        
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