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gerer, eingehender Berathung wurde ein Antrag aus
der Mitte des Kolonialraths einstimmig zum Beschluß
erhoben, wonach der Regierung empfohlen wird, die
zu gründende Anstalt im Anschlusse an die beabsichtigte
Hamburger Anstalt als Reichsinstitut zu errichten,
jedenfalls aber, wenn das Letztere nicht ausführbar
sein sollte, dem Reich einen weitgehenden Einfluß auf
das Hamburger Institut sicherzustellen.
Die Sitzung wurde alsdann auf Dienstag, den
13. Juni, früh 10 Uhr, vertagt.
In dieser Sitzung des Koloniolraths standen der
Antrag der Herren Dr. Schöller und Genossen auf
Verleihung einer Landkonzession im nordwestlichen
Kamecrun und der Antrag der Herren Deuß und
Genossen auf Verleihung einer Konzession zur Er-
richtung einer Transport-, Plantogen= und Handels-
gesellschaft im Seengebiet von Deutsch-Ostafrika auf
der Togesordnung. Der Direktor der Kolonial=
Abtheilung des Auswärtigen Amts, Wirkliche Geheime
Legationsrath Dr. v. Buchka, stellte fest, daß eine
Verpflichtung zur Vorlegung der vorgenannten An-
träge an den Kolonialrath zur gutachtlichen Aeußerung
nicht bestehe; die Vorlegung erfolge aber bereitwilligst
mit dem Bemerken, daß eine Stellungnahme der
Kolonial-Abtheilung zu den Anträgen noch nicht statt-
gefunden habe. Es wurde die Generaldebatte über
den Antrag des Dr. Schöller eröffnet. Dieselbe
wurde um 1 Uhr durch eine längere Pause unter-
brochen. Vor Eintritt der Pause wurde ein Tele-
gramm Seiner Majestät des Kaisers an Seine Hoheit
den Herzog-Regenten Johann Albrecht von Mecklen-
burg-Schwerin als Antwort auf das am gestrigen
Tage seitens des Kolonialraths abgesandte Huldigungs-
Telegramm verlesen:
„Neues Palais, den 12. Juni 1899. Indem Ich
mit Befriedigung von der patriotischen Kundgebung
der Mitglieder des Kolonialraths aus Anlaß der
Erwerbung der Karolinen-, Palau= und Marianen-
Inseln seitens des Deutschen Reichs Kenntniß nehme,
bitte Ich Euere Hoheit, dem Kolonialrath für dies
erneute Zeichen seines Vertrauens in Meine auswärtige
Politik Meinen Kaiserlichen Dank zu sagen.
Wilhelm I. R.“
In der Nachmittags Sitzung theilte der Kolonial-
direktor mit, daß Herr Dr. Schöller und Genossen
sich bereit erklärt haben, u. A. folgende Verpflich-
tungen zum Zweck des Erwerbs der Konzession zu
übernehmen: Drei Viertel des Verwaltungsraths, der
Vorsitzende desselben, sämmtliche Mitglieder des Direk-
toriums müssen Deutsche sein; die Gesellschaft hat
den Handel zu fördern, das Land durch Expeditionen
und zweckmäßig erscheinende Verkehrsmittel zu er-
schließen, Plantagen und Faktoreien anzulegen; bei
Gewinnung des Gummis der Raubwirthschaft der
Eingeborenen Einhalt zu thun. Auch hieran knüpfte
sich eine längere Debatte. Es wurde sodann ein-
stimmig beschlossen:
„Der Kolonialrath empfiehlt, bei Ertheilung
von Landkonzessionen diese neben der Aufbringung
eines ausreichenden Kapitals von der Erfüllung be-
stimmter, durch die Konzessionäre zu übernehmen-
der Verpflichtungen abhängig zu machen, welche die
Erschließung des Konzessionsgebietes durch die
Konzessionäre thatsächlich gewährleisten und es
sichern, daß Dritte an der Erschließung durch die
Konzessionäre nicht gehindert werden. Bestehende
fremde Interessen dürfen seitens der Konzessionäre
nicht beeinträchtigt werden. Bei Nichterfüllung dieser
Verpflichtungen wird die Konzession nach bestimmter
Frist hinfällig. .
Bei Verleihung von Befugnissen öffentlich-recht-
licher Natur sind für die Kolonialverwaltung die
zur Wahrnehmung der öffentlichen Interessen er-
forderlichen Vorbehalte zu machen, insbesondere
gilt dies für Konzessionen zu Wege-, Eisenbahn-,
Kanalanlagen und Dampsschiffsverbindungen, für
Handelsmonopole und ausschließliche Bergwerks-
konzessionen.“
Von einer Spezialdebatte wurde Abstand ge-
nommen. Hierauf vertagte sich der Kolonialrath auf
Mittwoch, den 14. Juni.
Auf der Tagesordnung der Vormittagssitzung des
Kolonialraths stand an diesem Tage der Antrag der
Herren Deuß und Genossen auf Verleihung einer
Konzession zur Errichtung einer Transport-, Plan-
tagen= und Handelsgesellschaft im Seengebiet von
Deutsch-Ostafrika. Es fand eine Generaldebatte statt.
Hierauf wurde folgender Beschluß gefaßt:
„Der Kolonialrath verwirft nicht grundsätzlich
die Ertheilung von Landkonzessionen, aber er hält
Landkonzessionen für gefährlich, die geeignet sind, den
Mitbewerb Anderer in größeren Gebieten auszu-
schließen oder wesentlich zu erschweren. Der Kolonial-
rath empfiehlt, unter Bezugnahme auf den gestrigen
Beschluß in Sachen Schöller, der Regierung, in
weitere Verhandlung mit Deuß und Genossen ein-
zutreten und dabei alle in der einstimmig gefaßten
gestrigen Resolution berührten Gesichtspunkte zu
berücksichtigen."“ .
In der Nachmittagssitzung erstattete der Geheime
Legationsrath Göhring dem Kolonialrath Bericht
über die Verhandlungen der Branntweinkonferenz in
Brüssel.
Sodann wurde, nach einer eingehenden Darlegung
des Direktors der Kolonial-Abtheilung des Aus-
wärtigen Amts, Dr. v. Buchka, in die Berathung
über die Vorbildung der Kolonialbeamten eingetreten.
Zum Schluß der Tagung dankte der Vorsitzende
den Theilnehmern für ihre aufopfernde Thätigkeit,
worauf Seine Hoheit der Herzog-Regent Johann
Albrecht von Mecklenburg = Schwerin dem
Kolonialdirektor den Dank des Kolonialraths für das
Entgegenkommen der Kolonialverwaltung und für
die erfolgreiche Leitung der Berathungen aussprach.