Full text: Gesetzes- und Verordnungs-Blatt für das Großherzogtum Baden. Jahrgang 1910. (42)

XX. 251 
8 11. 
1. Einen Wohnsitz im Sinne des Doppelsteuergesetzes vom 22. März 1909 hat 
jemand an dem Orte, an dem er eine Wohnung unter Umständen inne hat, die auf die 
Absicht der dauernden Beibehaltung einer solchen schließen lassen. Als Wohnung gilt jedoch 
nicht jedes zu einem zeitweiligen oder vorübergehenden Aufenthalt eingerichtete oder ausreichende 
Absteigequartier, sondern es gehört dazu, daß zum dauernden Aufenthalt Wohnräume ein— 
gerichtet sind, die dem Steuerpflichtigen für sich und seinen Haushalt standesgemäße Unterkunft 
gewähren. Sind die Voraussetzungen für den Besitz eines Wohnsitzes in keinem Bundesstaate 
vorhanden, so genügt bei Landes= und sonstigen Reichsangehörigen der nicht bloß vorüber- 
gehende Aufenthalt im Großherzogtum, um die Steuerpflicht vom Beginn dieses Aufenthalts 
an zu begründen. 
2. Die Vorschrift am Schlusse von Artikel 5 Al Ziffer 1 des Gesetzes gilt insbesondere 
für solche Landesangehörige, die ihren Wohnsitz im Großherzogtum aufgegeben haben und sich 
auf Reisen und dergleichen außerhalb des Großherzogtums aufhalten; die Besteuerung darf 
jedoch nur dann stattfinden, wenn eine solche Person nicht dem Besteuerungsrechte eines andern 
Bundesstaats oder eines reichsausländischen Staates unterliegt. 
3. Landesangehörige, die im Großherzogtum und außerdem in einem anderen Staate 
einen Wohnsitz haben, sind mit ihrem gesamten Einkommen im Großherzogtum steuerpflichtig 
und zwar auch dann, wenn sie dem Besteuerungsrecht eines reichsausländischen Staats unter- 
liegen. Angehörige anderer Bundesstaaten, die im Großherzogtum und außerdem in ihrem 
Heimatstaate einen Wohnsitz haben, sind nur in gleichem Umfang wie die nicht im Groß- 
herzogtum wohnenden Personen nach Artikel 5 B I des Gesetzes steuerpflichtig. 
4. Auch in Reichs= oder Staatsdiensten stehende Landes= und sonstige Reichsangehörige, 
die ihren Wohnsitz im Sinne des Absatz 1 im Großherzogtum haben, sind daselbst — ohne 
Rücksicht auf den Ort des dienstlichen Wohnsitzes mit ihrem gesamten Einkommen steuer- 
pflichtig. Hat ein solcher Beamter daneben noch einen tatsächlichen Wohnsitz in einem andern 
Bundesstaate, so ist die Steuerpflicht im Großherzogtum daun begründet, wenn sich sein dienst- 
licher Wohnsitz (d. i. der Ort, wo das Amt auszuüben ist,) nicht in diesem andern Bundes- 
staat befindet. Ein Reichs= oder Staatsbeamter, der seinen dienstlichen Wohnsitz im Groß- 
herzogtum, seinen tatsächlichen Wohnsitz aber im Reichsausland hat, ist ebenfalls im Gros- 
herzogtum mit seinem gesamten Einkommen steuerpflichtig. Die außerhalb Badens wohnenden 
badischen Gesandten und Bundesratsbevollmächtigten sowie die ihnen zugewiesenen Beamten 
sind so zu behandeln, als ob ihr dienstlicher Wohnsitz im Großherzogtum gelegen wäre; sie 
sind daselbst mit ihrem gesamten Einkommen somit nur steuerpflichtig, wenn sie außer diesem 
dienstlichen noch einen tatsächlichen Wohnsitz im Großherzogtum haben. 
5. Landesangehörige, die zugleich in einem anderen Bundesstaat staarsangehörig sind und 
in beiden Staaten einen Wohnsitz haben, sowie Reichsangehörige, die in Baden und in einem 
andern Bundesstaate einen Wohnsitz haben, ohne hier oder dort staatsangehörig zu sein, sind 
mit ihrem gesamten Einkommen im Großherzogtum stenerpflichtig. Entstehen dadurch unbillige 
38. 
Zu 
Artikel 5 A l 
und BI des 
Gesetzes.
	        
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