fullscreen: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Erster Band. Vom Staatsseketariat bis zur Marokko-Krise. (1)

AN DEN DEMNÄCHSTIGEN NACHFOLGER 53 
richtig ich mich vom Standpunkt des allgemeinen Interesses darüber freue, 
in Ihnen meinen demnächstigen Nachfolger begrüßen zu dürfen. Sie 
werden sich erinnern, daß ich schon bei unserem letzten Zusammensein im 
Herbste vor zwei Jahren voraussah, daß es so kommen werde und im 
Interesse von Kaiser und Reich so kommen müsse, wenn ich auch damals 
Zweifel darüber hegte, ob Ihnen nicht die Zwischenstufe des Staats- 
sekretärs ganz erspart werden würde. 
In Ihrem neucn Amte wird Ihnen vieles unendlich leichter werden 
als mir. Sie bringen dazu eine Kenntnis der auswärtigen Politik mit, 
die ich mir nur allmählich und in gewissem Sinne unvollständig an- 
eignen konnte — und für die innere Politik genießen Sie den unschätz- 
baren Vorteil, daß Sie inmitten des heftigen Kampfes der Parteien nach 
keiner Seite hin engagiert sind. Durch eine eigentümliche Verkettung 
von Umständen bin ich in den Fragen, die heute am stärksten die 
Leidenschaften erregen, nämlich denjenigen der Wirtschaftspolitik, nicht 
nur in den Vordergrund getreten, sondern allmählich in eine Stellung ge- 
raten, die mich meine parlamentarischen Kämpfe mit verkehrter Front 
fechten ließ, d. h. gegen die Rechte, der ich einst als Fraktionsmitglied 
angehörte, und unter dem Beifall der Linken, deren politische Grund- 
sätze ich, seitdem ich politisch denken kann, allzeit bekämpfte. Auch Ihnen 
wird es beschieden sein — und zwar in nächster Zeit —, gegen agrarische 
Wünsche und Forderungen Stellung zu nehmen, aber darum wird gegen Sie 
nicht der Sturm entfesselt werden wie gegen mich, den Träger der gehaßten 
Handelsvertragspolitik. Und ich bin überzeugt, daß unter Ihnen das einzig 
vernünftige System wiederhergestellt werden wird, daß die parlamentarische 
Vertretung der Wirtschaftspolitik dem Reichsamt des Innern und dem 
Reichschatzamt überlassen bleibt, der Staatssekretär des Auswärtigen 
Amts, soweit es sich um internationale Beziehungen handelt, die maß- 
gebende Stimme behält, aber nicht nach außen hin mit handelspolitischen 
Programmen hervorzutreten, d. h. in den Parteikampf einzutreten 
braucht. 
Für Ihre freundlichen Wünsche betreffs meiner Gesundheit bin ich auf- 
richtig dankbar. Ich darf fast bestimmt erwarten, in wenigen Wochen 
so weit hergestellt zu sein, um meine Dienste wieder zur Verfügung zu 
stellen, wenn darauf reflektiert wird. Meine persönlichen Wünsche gehen 
nicht weiter, als noch einige Jahre für Kaiser und Reich tätig zu sein in der 
Stellung, die man mir anweist. 
Da ich annehme, daß es Ihren Wünschen entspricht, daß ich meine 
Dienstwohnung der notwendigen Veränderungen und Ausbesserungen 
halber bald räume, so werde ich gegen Ende August nach Berlin kommen, 
um das Nötige zu besorgen.
	        
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