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Beilage IV zum Gesetz= und Verordnungsblatt für das Königreich Bayern vom Jahre 1875·).
Erkenntniß des obersten Gerichtshofes des Königeichs in Sachen des Districtskrankenhausfonds in
Rain gegen Josepha Hartl, Dienstmagd von Reichenstein, wegen Erstattung von Curkosten, hier den
affirmativen Competenzconflict zwischen der k. Regierung von Oberbayern, Kammer des Innern, und
dem k. Landgerichte Rain betr.
Im Namen Seiner Majestät des Königs von Bayern
erkennt der oberste Gerichtshof des Königreichs in Sachen des Districtskrankenhausfonds in
Rain gegen Josepha Hartl, Dienstmagd von Reichenstein, wegen Erstattung von Curkosten,
hier den affirmativen Competenzconflict zwischen der k. Regierung von Oberbayern, Kammer
des Innern, und dem k. Landgerichte Rain betreffend, zu Recht:
daß in dieser Sache die Verwaltungsbehörden zuständig seien.
Gründe.
Josepha Hartl, Gütlerstochter von Reichenstein, war als Magd in Osterzhausen im
Dienste und bezahlte den Dienstbotenbeitrag zum Districtskrankenhause in Rain. Als sie Mitte
Februar 1868 in ihrem Dienstorte Osterzhausen erkrankte, wurde sie in ihre Heimath nach
Reichenstein gebracht und dort von dem praktischen Arzte Dr Stickl aus Pöttmes bis 25.
April 1868 ärztlich behandelt, wofür 82 fl. 18 kr. ärztliche Deserviten erwuchsen, welche am
15. December 1868 von dem Districtskrankenhause Rain an Dr. Stickl bezahlt wurden.
Hiebei ging man, wie es scheint, von der Voraussetzung aus, daß Josepha Hartl in Reichen-
stein erkrankte, und nicht mehr transportabel, deßwegen nicht mehr in das Districtskrankenhaus
in Rain zu bringen gewesen sei. Als sich aber später herausstellte, daß Josepha Hartl nach
ihrer Erkrankung in Osterzhausen nach Reichenstein gebracht worden sei, und angenommen
wurde, daß sie ebenso leicht nach Rain in's Krankenhaus als in ihre Heimath hätte gebracht
werden können, wurde von der Districtsarmenpflege Nain am 25. Februar 1869 beschlossen,
die 82 fl. 18 kr. von Josepha Hartl ersetzt zu verlangen, weil statutengemäß nur für in-
transportable außer dem Krankenhause verpflegte Kranke die ärztlichen Deserviten aus dem
Districtskrankenfond bezahlt werden. Es wurde demgemäß die Gemeindeverwaltung Reichenstein
am 1. März 1869 vom k. Bezirksamte Aichach beauftragt, die erwähnte Summe aus dem
elterlichen Vermögen der Josepha Hartl binnen 14 Tagen zu erheben und an den Kranken-=
hauscassser abzuliefern.
*) Ansgegeben zu München, den 16. Juli 1875.