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Die Josepha Hartl, hievon verständigt, weigerte sich der Zahlung, und beharrte bei
dieser Weigerung, als sie zufolge neuerlichen Auftrages des k. Bezirksamtes Aichach vom 27.
März 1869 durch ihre Heimathsgemeinde unter dem Rechtsnachtheile zur Zahlung aufgefordert
wurde, daß im widrigen Falle ungesäumt beim k. Landgerichte Rain Klage veranlaßt würde,
indem sie vorbrachte, daß sie bei ihrer plötzlichen schweren Erkrankung nicht mehr in das
Districtskrankenhaus gebracht werden konnte.
Am 4. Juni 1869 faßte das k. Bezirksamt Aichach Beschluß dahin, Josepha Hartl
habe die auf ihre ärztliche Behandlung erwachsenen Kosten ad 82 fl. 18 kr. selbst zu tragen,
beziehungsweise dem Districtskrankenhausfonde Rain zu ersetzen aus folgenden Gründen:
Nach den von der k. Regierung genehmigten Krankenhaus-Statuten haben Dienstboten,
welche außer der Anstalt ärztlich behandelt und verpflegt werden, eine freie Behandlung und
Verpflegung von der Anstalt nicht zu beanspruchen, auch wenn sie Pflichtbeiträge entrichun.
Diese Bestimmung sei durch Beschluß des Districtsrathes vom 1. December 1864 dahin pri-
cisirt worden, daß die praktischen Aerzte, welche intransportable Kranke behandeln, aus dem
Districtskrankenhause bezahlt und die Medicamente bestritten werden. Da Josepha Hartl
bei ihrer Erkrankung aber nicht intransportabel war, und ebenso gut nach Roin in's Kranken-
haus als in ihre Heimath nach Reichenstein hätte gebracht werden können, so habe sie auf freie
Behandlung außer dem Krankenhause keinen Anspruch, vielmehr sei ihr, da sie Vermögen be-
sitze, der Rückersatz der Kosten zu überbürden.
Dieser Beschluß wurde der Josepha Hartl zufolge bezirksamtlichen Auftrages von der
Gemeindeverwaltung Reichenstein am 10. Juni 1869 mit der Eröffnung bekannt gemacht, daß
es ihr freistehe, hiegegen innerhalb 14 Tagen Berufung zur k. Regierung von Oberbayern
K. d. J. zu ergreifen.
Als die Josepha Hartl, von der Gemeindeverwaltung Reichenstein zufolge bezirksamt-
lichen Auftrages vom 1. Juli 1869 auf Grund dieses Beschlusses zur Bezahlung der 82 fl.
18 kr. aufgefordert, am 20 Juli 1869 erklärte, daß sie jede Zahlung in dieser Angelegenheit
verweigere, auch keine Berufung ergreife und einer civilrechtlichen Klage entgegensehe, requirirte
das k. Bezirksamt Aichach am 26. Juli 1869 das k. Landgericht Raln, die 82 fl. Curkosten-
betrag, welchen die Josepha Hartl nach rechtskräftigem bezirksamtlichen Beschlusse zum Districts-
krankenhause Rain schulde, erecutive aus deren bei ihrem Bruder Georg Hartl in Reichen-
stein aufliegenden Elterngute ad 250 fl. zu erheben, gegebenen Falles den Georg Hartl zur
Zahlung binnen 14 Tagen zu beauftragen.