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Nachkommen eines Herzogs, fürstlichen Geblütes und Standes waren. Selbst die
spätere Annahme des Herzogstitels war daher eigentlich keine Rangerhöhung, denn
als Sohn eines Herzogs von Sachsen hätte sich schon Heinrich I. mit seiner ge-
sammten Descendenz, nach allgemeinem deutschen Gebrauch, den Herzogstitel bei-
legen und ihn mit seinem Stammgute verbinden können. Uebrigens wurden damals
regelmässig auch die reichsunmittelbaren Grafen, welche ein Fabnlehen wie Aschers-
leben hatten, zu den Fürsten im weitern Sinne gezählt, und Heinrich und seine
Nachkommen brauchen daher abwechselnd den Fürsten- und Grafentitel und stel-
len bald diesen, bald jenen vor; so nannte sich Heinrich 1215 selbst „Henricus
Dei gratia Comes Aschariae et Princeps in Anhalt‘ !).
Heinrich I., der nähere Stammvater des jetzigen anhaltischen Fürstenhauses,
starb 1251 und hinterliess fünf Söhne, von denen die drei weltlichen die Stamm-
lande theilten und drei Linien anlegten. Bernhard erhielt Bernburg und Ballen-
städt und stiftete die ältere bernburgische Linie, welche 1468 ausstarb;
Siegfried bekam Köthen nebst Dessau und Zerbst und wurde Stifter der alten
zerbstischen Linie, welche den Stamın bis auf den heutigen Tag fortpflanzte ;
an Heinrich IH. fiel Aschersleben, Wegeleben und Gernrode, er wurde der
Stammvater der gscherslebenschen Linie, welche 1315 abging. In allen
diesen Linien findet die Succession so statt, dass alle weltlichen Söhne die
Lande theilen oder gemeinsam regieren. Von einer fester geschlossenen Hausver-
fassung oder einem Vorzug der Erstgeburt findet sich noch keine Spur.
Durch einen Bischof von Halberstadt, Albrecht aus der bernburgischen Linie, und
die Wittwe des letzten Grafen, welche Aschersleben als Witthun inne hatte, kam
diese Grafschaft, nach dem Aussterben der ascherslebenschen Linie, an das Hoch-
stift Halberstadt und konnte nicht wieder zurückgewonnen werden, trotz aller Ver-
suche, welche die anhaltischen Fürsten Jahrhunderte lang machten ?). Die alte
bernburgische Linie erlosch mit Bernhard VI. im Jahre 1468.
So lebte nur in der alten zerbstischen Linie der anhaltische Staınm fort. Der
Stifter dieser Linie, Siegfried I., bekam zu seinem Antheile Dessau, Kötlien, Kos-
wigk und einige Ortschaften auf dem rechten Elbufer und erwarb später auch
Zerbst hinzu. Auch die Fürsten dieser Linie regierten gemeinsam oder theilten
ihre Lande. So regierten die beiden Brüder Albrecht UI. und Siegmund I. zuerst
gemeinsam, dann theilten sie so, dass Albrecht III. das Land auf dem linken, Sieg-
mund das auf dem rechten Elbufer erhielt. Albrechts UI. Linie erlosch mit Adolf IL,
e Beckmann a.a.0.S.508—518 von den fürstlichen und andern Titeln. Moser a.a.0.
8.88.
2) Weber die fortgeselzien Ansprüche auf Aschersleben siehe Moser, Sisatsrecht des Für-
stenthums Anhalt 8. 101. Glafeys Bericht in Schweder, Theatlrum Praetensionum T. II.
P- 41. Beckmann Th. 1ll. S. 486. Besonders ale Halberstadt säcularisirt und durch den west-
älischen Frieden als Entschädigungsland an Brandenburg gegeben wurde, erneuerien die Anhalli-
ner ihre alten Ansprüche auf Aschersleben, wobei sie ein s. g. Manifestum Ascaniense übergaben,
setzten diese Bemühungen bis ins achtzchnte Jahrhundert fort, erreichten aber weiter nichts, als
dass ihnen 1683 eine neue Mitbelchnschaft an Aschersleben ertheilt und eine zeitweilige Erleich-
terung in Beilreff der Reichs - und Kreisauflagen gewährt wurde. Ein weiteres Aequivalent war
nicht zu erreichen. Der Anspruch wird durch den Titel „Graf von Ascanien“ bis auf den heuti-
gen Tag in Erinnerung gebalten.